Von Eulen und Beulen
Die neue EZB-Präsidentin Christine Lagarde will sich geldpolitisch weder als "Falke" noch als "Taube" einordnen lassen - also weder als Zins-Hardlinerin noch als Vertreterin eines im Zweifelsfall eher lockeren Kurses. Sie wolle eine "Eule" sein, hat sie gesagt - weil Eulen als "weise" gelten. Wie um das zu dokumentieren, hat sie am Donnerstag eine goldene Eule am Revers getragen. Tatsächlich braucht Lagarde in den nächsten Monaten viel Weisheit, wenn sie am Ende - um mit einem bekannten Kinderbuch zu sprechen - keine "Eule mit der Beule" sein will.
Die neue EZB-Präsidentin Christine Lagarde will sich geldpolitisch weder als "Falke" noch als "Taube" einordnen lassen - also weder als Zins-Hardlinerin noch als Vertreterin eines im Zweifelsfall eher lockeren Kurses. Sie wolle eine "Eule" sein, hat sie gesagt - weil Eulen als "weise" gelten. Wie um das zu dokumentieren, hat sie am Donnerstag eine goldene Eule am Revers getragen. Tatsächlich braucht Lagarde in den nächsten Monaten viel Weisheit, wenn sie am Ende - um mit einem bekannten Kinderbuch zu sprechen - keine "Eule mit der Beule" sein will.
Weisheit braucht es zum einen mit Blick auf den geldpolitischen Kurs. Aktuell spielt Lagarde in die Hände, dass sich Wachstum und Inflation in die richtige Richtung entwickeln und die Geldpolitik quasi auf Autopilot steuert. Deswegen besteht in der Tat aktuell kaum Grund zum Handeln. Sollte sich die Entwicklung wider Erwarten eintrüben, muss Lagarde aber dem Drang widerstehen, gleich wieder nachzulegen. Die Geldpolitik hat ihre Grenzen erreicht, und Aktionismus würde auch das Drängen auf ein stärkeres Engagement der Fiskalpolitik konterkarieren. Hält der positive Trend dagegen an, muss Lagarde rechtzeitig an den Exit denken. Ihr Vorgänger Mario Draghi hat da vor allem 2017 Chancen vertan.
Weisheit ist aber auch bei der nun gestarteten Überprüfung der EZB-Strategie nötig. So richtig es ist, nach mehr als 16 Jahren mal wieder alles auf den Prüfstand zu stellen - ohne Risiko ist es nicht. Das gilt vor allem dann, wenn sich die EZB verzettelt.
Lagardes Beharren auf dem Klimawandel als zentralem Thema - übrigens eher im Widerspruch zur offiziellen Mitteilung - und ihr Liebäugeln mit einer "grünen" Geldpolitik ist da besonders riskant. Sie schürt Hoffnungen, die die EZB kaum erfüllen kann, und sie läuft Gefahr, dass sich die Politik erneut aus der Verantwortung stiehlt. Und noch etwas: Wenn in Zukunft bei den EZB-Anleihekäufen grüne Titel bevorzugt würden, würde das einen späteren Ausstieg nur noch viel diffiziler machen. Die EZB begäbe sich da auf ein (geld)politisches Minenfeld.
Aber Weisheit braucht es auch da, wo Geldpolitik und Strategieüberprüfung zusammenkommen. Es ist gut möglich, dass die Diskussion über die EZB-Zukunft mitunter für Unruhe an den Finanzmärkten sorgen wird. Dann muss Lagarde kühlen Kopf bewahren.
Natürlich kann die EZB nicht ignorieren, was an den Märkten passiert, weil die geldpolitische Transmission auch stark über diese läuft. Andererseits hat sich unter Draghi ein nahezu exzessiver Fokus auf die Märkte etabliert. Sich davon zu lösen - das wäre ganz sicher Ausdruck von Weisheit.