CSU und Söder sind besiegbar
Der heftige Streit um den bayerischen Corona-Kurs lieferte diese Woche im Landtag einen kleinen Vorgeschmack, wie die Opposition Regierungschef Markus Söder in den 22 Monaten bis zur Landtagswahl gern vor sich hertreiben will. Söder und die CSU liefern derzeit mehr Angriffsflächen, als ihnen lieb sein kann.
Der heftige Streit um den bayerischen Corona-Kurs lieferte diese Woche im Landtag einen kleinen Vorgeschmack, wie die Opposition Regierungschef Markus Söder in den 22 Monaten bis zur Landtagswahl gern vor sich hertreiben will. Söder und die CSU liefern derzeit mehr Angriffsflächen, als ihnen lieb sein kann.
Impfzentren sind vielerorts nicht für den Ansturm gewappnet. Nicht nur Senioren warten aufs Boostern. Intensivstationen sind am Limit. Das unterminiert das Vertrauen, dass die bayerische Regierung alles im Griff hat. Der Ärger darüber kann lange nachwirken.
Dabei wäre jetzt die Zeit, bei Bürgern ein möglichst großes Vertrauenspolster aufzubauen, das für all die politischen Unwetter wappnet, die bis Herbst 2023 noch über die Regierung hereinbrechen könnten. Aus der Defensive heraus lässt sich das weit schlechter bewältigen.
Wer hätte sich Anfang des Jahres vorgestellt, dass Söder derart massiv in Bedrängnis geraten könnte? Vor allem auch sein langes Nachtreten nach der gescheiterten "Kanzlerkandidatur-der-Herzen" hat die Schieflage ausgelöst und dafür gesorgt, dass Bürger im Gegenzug nun auch bei ihm sehr genau hinsehen. Aktuell ist jedenfalls von einem Polster für einen erfolgreichen Landtagswahlkampf keine Spur. Im Gegenteil. In einer Civey-Umfrage rangierte die CSU zuletzt bei 33 Prozent. Die Söder-Partei scheint sich im Tief einzunisten, in das sie schon bei der Bundestagswahl geraten war. Würde morgen ein neues bayerisches Parlament gewählt, brächte es die CSU nach Civey-Zahlen selbst zusammen mit den Koalitionspartnern von den Freien Wählern nur auf 44 Prozent und hätte damit keine eigene Mehrheit. Ein Bündnis ohne CSU ließe sich zwar nur eher theoretisch schmieden - dafür müssten sich Grüne, SPD, FDP und Freie Wähler zusammenraufen.
Ein Ergebnis in der Preisklasse von 33 Prozent wäre für Söder aber in jedem Fall ein Desaster. Die bundesweite Bedeutung wäre drastisch geschrumpft, die CSU dann nur mehr eine mäßig erfolgreiche Regionalpartei. Und überhaupt: Eine neue Wahlniederlage, die keinem anderen anzulasten ist? Söder weiß, wie die CSU tickt. Wer CSU-Chef ist, muss Siege liefern. Auch seinem Vorgänger Horst Seehofer und Vor-Vorgänger Günther Beckstein wurde diese Lektion erteilt.
Wie rasch sich Söder aus der Defensive befreien kann, hängt von seinem weiteren Geschick in der Corona-Politik ab. Er, der gerne alle Fäden in der Hand hält, ist dabei stark darauf angewiesen, dass viele Bürger beim Eindämmen der Pandemie mitmachen. Söder ist unter Druck. Vom CSU-Chef sind in den nächsten Monaten viele Befreiungsschläge zu erwarten. Vielleicht erhält er auch unfreiwillige Schützenhilfe von den Ampel-Koalitionären aus Berlin. Sie werden ebenfalls an ihrer Fortune in der Corona-Politik gemessen werden und obendrein daran, wie teuer die neue Klimapolitik den Bürgern kommt. Söder wird jeden Fehler nutzen. Doch was, wenn SPD, Grüne und FDP vorexerzieren, dass Regieren auch ohne Union sehr gut funktioniert?
In Bayern wird die Opposition jedenfalls jede Chance ergreifen, die CSU aus der Regierungsverantwortung zu stoßen. Die Grünen sind dank neuer Regierungsbeteiligung in Berlin selbstbewusst wie nie. Landtagsfraktionschefin Katharina Schulze hat offenbar großes Vergnügen, Söder Mängellisten um die Ohren zu schlagen.
Der Vorschlag zu einer Wahlrechtsreform, den die FDP diese Woche vorlegte, trifft die CSU ebenfalls an einer höchst empfindlichen Stelle. Der Plan würde nicht nur einen XXL-Landtag verhindern: Würde die Zahl der Direktmandate verkleinert, würde die CSU wichtiger Bastionen beraubt. In der Vergangenheit hatte die Partei die Direktmandate zumeist komplett abgeräumt.