Landtagswahlen in drei Ländern: Merkel bleibt!
Am Sonntag ist etwa jeder fünfte Bundesbürger zur Wahl aufgerufen. Selten war das Rennen um die Ministerpräsidenten so offen. Eins aber scheint sicher: Die rechtskonservative AfD wird mit vielen Sitzen in alle drei Landtage einziehen. Regieren indes wird die AfD nicht. Sie will das gar nicht.
Am Sonntag ist etwa jeder fünfte Bundesbürger zur Wahl aufgerufen. Selten war das Rennen um die Ministerpräsidenten so offen. Eins aber scheint sicher: Die rechtskonservative AfD wird mit vielen Sitzen in alle drei Landtage einziehen. Regieren indes wird die AfD nicht. Sie will das gar nicht.
Aber vor allem wollen es die bislang etablierten Parteien nicht - alle schließen eine Kooperation mit der neuen politischen Kraft aus. Was an Möglichkeiten der Gestaltung in Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz und Sachsen-Anhalt bleibt, ist weitgehend offen. Wohl aber kann man ein paar Richtlinien beschreiben.
VERRÄTER UNERWÜNSCHT Da wäre zunächst die historische Wahrheit des alten Gajus Julius Cäsar aus der Antike:Das Volk liebt den Verrat, aber nicht den Verräter. Anders als mit dieser überlieferten Weisheit ist es kaum zu erklären, wie sich die Stimmung zu Lasten der CDU-Spitzenkandidaten Julia Klöckner(Rheinland-Pfalz) und Guido Wolf (Baden-Württemberg) verändert hat.
Klöckner schien uneinholbar vor der amtierenden Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) zu liegen. Dann suchte sie ihr Profil gegen die Kanzlerin in der Flüchtlingspolitik zu schärfen und präsentierte ihren "Plan A2", der näher bei Horst Seehofer (CSU) lag als bei der Kanzlerin. Kürzlich brachte Dreyer, SPD (!), die Herausforderin von der CDU (!) in der TV-Debatte mit zwei Sätzen in Verlegenheit: "Die Kanzlerin hat Recht, wir brauchen eine europäische Lösung. Sie fallen ihr in den Rücken, anstatt sie zu stärken." Nun liegt Dreyer gleichauf mit Klöckner, eine Umfrage sieht sie sogar vorn. Ähnlich die Lage für den Herausforderer des grünen Ministerpräsidenten Winfried Kretschmann: Guido Wolf versuchte es mit der Strategie Klöckner - und stürzte ab. Inzwischen prognostizieren Meinungsforscher einen Vorsprung für die Grünen im früheren CDU-Stammland. Personen entscheiden Persönlichkeiten entscheiden die Wahlen, Mehrheiten von Parteien - absolute gar - gibt es nicht mehr.
Auch alte Koalitionsgewissheiten werden von den Wählern in Frage gestellt. Weder in Baden-Württemberg noch in Rheinland-Pfalz sind Mehrheiten für Zwei-Parteien-Koalitionen wahrscheinlich. Große Koalitionen zwischen Union und SPD sind entweder ausgeschlossen worden - wie in Rheinland-Pfalz - oder sie reichen nicht - wie möglicherweise in Baden-Württemberg. Die Regierenden werden sich deshalb mit dem Gedanken an Drei-Parteien-Koalitionen anfreunden müssen. Hier kommt eine Partei ins Spiel, die bereits als abgehakt galt: die FDP. Nach bisherigem Stand werden die Liberalen in mindestens zwei Parlamente einziehen und dort eine Ampel (SPD, Grüne, FDP) oder ein Jamaica-Bündnis (CDU, Grüne, FDP) ermöglichen.
NEUE KRAFT am Rand Mit der AfD etabliert sich eine rechtskonservative bis rechtsextreme Partei zunächst dauerhaft rechts von der Union. Das zeigte sich bereits bei den hessischen Kommunalwahlen erschreckend deutlich. Bislang galt das als völlig inakzeptabel für die Union und erklärt, warum CSU-Chef Horst Seehofer sich gegen die Politik der Bundeskanzlerin zu profilieren versucht. Wie dauerhaft der Erfolg der AfD ist, muss sich bei den Wahlen im Herbst und im Frühjahr 2017 zeigen. Er wird entscheidend davon abhängen, wie und wie schnell die Bundeskanzlerin die Flüchtlingspolitik auf einen Kurs steuern kann, der den Menschen die Sorgen nimmt und den Geist der europäischen Einigung neu weckt.
DIE KANZLERFRAGE Kann Angela Merkel Kanzlerin bleiben, wenn die Union ein besonders schlechtes Ergebnis einfährt und weder in Mainz noch in Stuttgart die Regierung führt? Das ist die Frage nach einer Alternative. Die scheint kaum in Sicht: Finanzminister Wolfgang Schäuble ist nach seinem Streit mit SPD-Chef Sigmar Gabriel um den Einsatz der Finanzmittel in Deutschland kaum mehrheitsfähig in der Großen Koalition. Innenminister de Mazière ist angeschlagen, Verteidigungsministerin von der Leyen schwächelt. Auch die CDU in den Ländern bieten keine Persönlichkeiten, die Merkels Format füllen könnten. Und CSU-Chef Horst Seehofer ist in der CDU nicht wählbar. Das alles spricht für ein Fortbestehen der großen Koalition bis zum regulären Wahltermin 2017. Merkel bleibt - ganz gleich, wie die 16 Millionen Wahlberechtigten Sonntag sich entscheiden.