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Bayern

Wie sollen Bayerns Schulen im Herbst mit unzähligen, traumatisierten Flüchtlingskindern klarkommen?

Bildungsminister in Bayern ist kein Job, bei dem einem die Herzen der Menschen zufliegen. Schnell wird man zum Prügelknaben frustrierter Eltern, die mit dem, was die Politik für ihre schulpflichtigen Sprösslinge tut, so gar nicht einverstanden sind.

Geschrieben von Redaktion am . Veröffentlicht in Regio-News.
Die "Einrichtung sogenannter Willkommensgruppen, besonderer Schulklassen und Unterrichtsgruppen oder mehr Sportangebote" sind nette Worthülsen. Aber unsere Schulen steuern auf eine Katastrophe zu, wenn eine heute noch nicht einmal grob abschätzbare Zahl an Flüchtlingskindern und die sechste Corona-Welle im Herbst über unsere Klassenzimmer hereinbrechen.
Die "Einrichtung sogenannter Willkommensgruppen, besonderer Schulklassen und Unterrichtsgruppen oder mehr Sportangebote" sind nette Worthülsen. Aber unsere Schulen steuern auf eine Katastrophe zu, wenn eine heute noch nicht einmal grob abschätzbare Zahl an Flüchtlingskindern und die sechste Corona-Welle im Herbst über unsere Klassenzimmer hereinbrechen.

Bildungsminister in Bayern ist kein Job, bei dem einem die Herzen der Menschen zufliegen. Schnell wird man zum Prügelknaben frustrierter Eltern, die mit dem, was die Politik für ihre schulpflichtigen Sprösslinge tut, so gar nicht einverstanden sind.

Und wenn die erzürnte Wählergruppe lautstark das Verhalten des zuständigen Ministers anprangert, kann es passieren, dass plötzlich der Chef des Ministers auch laut wird. Erinnern wir uns an den Januar 2014. Damals zog sich Kultusminister Ludwig Spaenle den Zorn seines Ministerpräsidenten Horst Seehofer zu - beide übrigens von der gleichen Partei, der CSU, die damals noch allein im Freistaat regierte.

Stein des Anstoßes war die Zahl 830. So viele Lehrerstellen sollten laut einem Agenturbericht in Bayern gestrichen werden - und das kurz nach der Landtagswahl, vor der die CSU-Oberen Stein und Bein geschworen hatten, dass es so etwas auf gar keinen Fall geben würde. Statt sofort den Finger zu heben und zu dementieren, verkroch sich Schulminister Spaenle in die letzte Bankreihe und schwieg. Ein Lehrbeispiel für schlechte Kommunikation. Was uns zu Spaenles Nach-Nachfolger bringt: Michael Piazolo (FW). Jurist, Politikwissenschaftler und seit dem 12. November 2018 Staatsminister für Unterricht und Kultus. Ein gutes Zeugnis werden ihm nach rund dreieinhalb Jahren im Amt weder Eltern noch Schüler ausstellen. Doch die Situation ist - eineinhalb Jahre vor den nächsten Landtagswahlen - schlimmer als es sich die Freien Wähler in ihren schlimmsten Alpträumen hätten vorstellen können.

Ihrem Schulminister mangelt es an zwei Dingen, die gute Lehrer von schlechten im Klassenzimmer unterscheiden: Kommunikations- und Führungsstärke. Als potenzieller Einser-Schüler angetreten ist bei dem 62-Jährigen, um im Schulbild zu bleiben, am Ende der Legislaturperiode gar die Versetzung gefährdet.

In der Corona-Pandemie zeigte Piazolo, dass er kein Krisenmanager ist, der auch mal schnelle Entscheidungen trifft. Entscheidungen, die vielleicht juristisch nicht 100 Prozent wasserdicht, aber wirksam sind. Dieses Verhaltensmuster wiederholt sich dieser Tage. Nach der Vorstellung seiner Pläne, wie sich die Schulen auf ukrainische Flüchtlingskinder vorbereiten sollen, möchte man ihm zurufen: "Setzen, Fünf, Herr Minister!" Die "Einrichtung sogenannter Willkommensgruppen, besonderer Schulklassen und Unterrichtsgruppen oder mehr Sportangebote" sind nette Worthülsen. Aber unsere Schulen steuern auf eine Katastrophe zu, wenn eine heute noch nicht einmal grob abschätzbare Zahl an Flüchtlingskindern und die sechste Corona-Welle im Herbst über unsere Klassenzimmer hereinbrechen.

Die Liste der Hausaufgaben für Michael Piazolo ist lang: Schulleiter müssen vom Unterricht befreit werden. Sie können nicht selbst vor einer Klasse stehen und dafür sorgen, dass ihr Laden unter diesen Extrembedingungen läuft. Neue Lehrer müssen eingestellt, pensionierte Lehrer, Lehramtsstudenten sowie ukrainische Pädagogen, die Deutsch sprechen, gesucht werden. Lehrer, Schüler, Eltern - sie alle sind nach zwei Jahren Pandemie erschöpft. Sie brauchen Hilfe, keine Worthülsen - und zwar schnell und unbürokratisch.

Quelle: Mittelbayerische Zeitung