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Bayern

Es wurden viele Fehler gemacht

Noch fünf Wochen bis Heilig Abend. Es werden traurige Feiertage, wenn die neuen und scharfen Corona-Maßnahmen speziell in den bayerischen Hotspots nicht schnell greifen. Wird das exponentielle Wachstum der Corona-Zahlen nicht gestoppt, sind Kontaktbeschränkungen, geschlossene Nachtclubs und abgesagte Weihnachtsmärkte unser geringstes Problem.

Geschrieben von Redaktion am . Veröffentlicht in Regio-News.
Wir müssen über den neuen De-Facto-Lockdown nicht lamentieren. Es braucht jetzt mehr Eigenverantwortung. Sonst ist ein trauriges Weihnachten garantiert.
Wir müssen über den neuen De-Facto-Lockdown nicht lamentieren. Es braucht jetzt mehr Eigenverantwortung. Sonst ist ein trauriges Weihnachten garantiert.
Foto: Waldemar Brandt

Noch fünf Wochen bis Heilig Abend. Es werden traurige Feiertage, wenn die neuen und scharfen Corona-Maßnahmen speziell in den bayerischen Hotspots nicht schnell greifen. Wird das exponentielle Wachstum der Corona-Zahlen nicht gestoppt, sind Kontaktbeschränkungen, geschlossene Nachtclubs und abgesagte Weihnachtsmärkte unser geringstes Problem.

Dann geht es um viele Tote und einen Kollaps des Gesundheitssystems, der alle trifft, deren Leben von einer intensivmedizinischen Versorgung abhängt. Einiges wird sich nicht mehr abwenden lassen. Das Virus ist uns meilenweit voraus.

Es war höchste Zeit für Einschnitte, die CSU und Freie Wähler jetzt vollzogen haben. Erst im Praxistest wird sich aber zeigen, ob das umfangreiche Konstrukt mit scharfen Sonderregeln für Ungeimpfte auch durchsetzbar und kontrollierbar ist. Zuletzt hatte Bayern in der Corona-Politik größere handwerkliche Fehler gemacht. Am ärgerlichsten ist, dass die Booster-Impfungen anfangs miserabel organisiert waren. Es läuft bis heute nicht rund. In der Oberpfalz waren am Freitag trotz steigender Tendenz erst 6,7 Prozent der Gesamtbevölkerung "geboostert". Warum werden Geimpfte über das digitale Impfportal nicht automatisch informiert, wann und wo sie sich den dritten Piks abholen können - natürlich gerecht gestaffelt nach Alter und Vorerkrankungen? Aktuell regiert das Windhund- und Zufallsprinzip.

Ankündigungen von Regierungschef Markus Söder und Gesundheitsminister Klaus Holetschek, wonach der Booster gerne schon nach fünf Monaten gesetzt werden kann und nicht erst nach sechs, wie von der Ständigen Impfkommission bis vor kurzem empfohlen, hatten auch untergeordnete staatliche Behörden in Verwirrung gestürzt. Hausärzte hielten sich aus haftungsrechtlichen Gründen tendenziell eher an die Stiko. So impften einige unkompliziert, andere schickten selbst über 70-Jährige weg, sofern die Sechs-Monate-Frist nicht restlos abgelaufen war.

Dabei ist länger bekannt, dass gerade bei Älteren die Impfwirkung früher nachlassen kann und dort ein Impfdurchbruch verheerende Folgen hat. Söder und Holetschek hatten also in der Sache recht, nur die Umsetzung war Murks. Ein weiterer großer Fehler war, dass die bundesweit kostenlosen Corona-Tests zwischenzeitlich abgeschafft worden waren. Söder zählte zu den starken Verfechtern dieser Maßnahme. Er glaubte, Ungeimpfte damit in die Impfzentren zu treiben. Ein Trugschluss. Stattdessen breitete sich das Virus verdeckt aus. Es ist sehr unwahrscheinlich, dass jeder private positive Schnelltest daheim dem Gesundheitsamt gemeldet worden ist. Zum Glück ist das jetzt korrigiert. Gratis PCR-Tests gibt es allerdings leider weiter nicht.

Trotz dieser Unzulänglichkeiten: Söders Regierung trägt zwar sicher Mitverantwortung daran, dass die vierte Corona-Welle nicht zu stoppen gewesen ist. Es ist ihr aber sicher nicht die Alleinschuld an den hohen Zahlen zuzuschieben. Der CSU-Chef ist nicht übers Land geeilt und hat Bürger infiziert. Zu viele Bürger gehen zu oft fahrlässig oder bewusst selbst Risiken ein. Währenddessen sind Beschäftigte in "systemrelevanten" Branchen gezwungen, für Leichtsinnige ihre Gesundheit aufs Spiel zu setzen. Ärzte und Krankenschwestern können keinen Abstand halten. Das gilt in anderer Form auch für die Kassiererin im Supermarkt, die täglich auf eine Vielzahl von Menschen trifft, die es mit Sicherheitsvorkehrungen womöglich nicht so genau nimmt.

Um die vierte Welle zu brechen, ist deshalb endlich mehr Eigenverantwortung gefragt. Jeder muss ins "Team Vorsicht" wechseln. Wer über den neuen De-Facto-Lockdown in Bayern lamentiert, muss sich klar sein: Er wäre vereint zu verhindern gewesen.

Quelle: Mittelbayerische Zeitung