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Die Arbeit von Kommunalpolitikern ist für Gemeinden unverzichtbar

Das "Bürgermeisterstück" ist ein besonders gutes Stück Fleisch, das Metzger in früheren Zeiten für die wichtigsten und angesehensten Personen einer Dorfgemeinschaft reservierten: Für Pastoren, Gemeinderäte und eben Bürgermeister. Doch diese Zeiten sind vorbei. Manch Kommunalpolitiker hat das Gefühl, für ihn seien heute eher die bösesten Beschimpfungen und gemeinsten Drohungen reserviert.

Geschrieben von Redaktion am . Veröffentlicht in Regio-News.
Foto: 12019 / CC0 (via Pixabay)

Das "Bürgermeisterstück" ist ein besonders gutes Stück Fleisch, das Metzger in früheren Zeiten für die wichtigsten und angesehensten Personen einer Dorfgemeinschaft reservierten: Für Pastoren, Gemeinderäte und eben Bürgermeister. Doch diese Zeiten sind vorbei. Manch Kommunalpolitiker hat das Gefühl, für ihn seien heute eher die bösesten Beschimpfungen und gemeinsten Drohungen reserviert.

In Niedersachsen trat ein Bürgermeister zurück, nachdem sein Auto wiederholt mit Hakenkreuzen beschmiert und er mit Drohanrufen aus dem Schlaf gerissen wurde. Eine Bürgermeisterin in Bayern berichtet von zerstochenen Autoreifen, Katzenkot auf der Autoscheibe und Drohbriefen. Ein Nordrhein-Westfälischer Bürgermeister möchte eine Waffe tragen dürfen, um seine Familie beschützen zu können. All das sind nur die Fälle, die es unlängst in die Schlagzeilen geschafft haben. Mehr als 1200 Straftaten gegen Amts- und Mandatsträger zählte das BKA im vergangenen Jahr, darunter auch der tödliche Anschlag auf Kassels Regierungspräsidenten Walter Lübcke.

Das Problem ist kein neues. Wer im Fokus des öffentlichen Interesses steht und Entscheidungen trifft, die das Leben anderer beeinflussen, steht zwangsläufig früher oder später auch in der Kritik des ein oder anderen Lagers, macht sich Freunde und Feinde. Dabei kennt die Geschichte auch Gewalt gegen Politiker zur Genüge, jeder einzelne Anschlag ist unerträglich. Und doch erschüttern die Berichte der Kommunalpolitiker besonders. Kommunalpolitiker sind die Leute von nebenan, die sich darum kümmern, dass die Straßenbeleuchtung auf LED-Birnen umgerüstet wird und dass der Spielplatz an der Ecke eine neue Rutsche bekommt. Und das oft neben ihren regulären Jobs: 891 der 2056 Bürgermeister in Bayern sind keine Berufspolitiker, sondern arbeiten ehrenamtlich. Die meisten von ihnen träumen nicht von der großen Karriere in der Politik, sondern wollen einfach nur in ihrer Heimatgemeinde etwas bewegen. Dass sie dafür angefeindet werden, sogar um ihre Leben fürchten müssen, ist ungeheuerlich. Und es gibt noch einen weiteren Grund, warum die Berichte über Drohungen gegen Kommunalpolitiker so beunruhigend sind. Viele von ihnen haben sich eindeutig positioniert, gegen Nazis oder für eine humane Flüchtlingspolitik. Im Kontext jener Feindes- oder Todeslisten - darauf Namen von Politikern, Journalisten, Anwälten, Richtern - die im Internet kursieren, von Lügenpresse-Demonstrationen und Politikern, die Nazi-Verbrechen als Vogelschiss in der Geschichte abtun, wächst dass Unbehagen darüber, dass hier - wohlgenährt durch Halb- oder Pseudoinformationen aus den Internet-Echokammern - eine neue Normalität entsteht. Eine Normalität, in der Menschen plötzlich wieder aufpassen müssen, was sie sagen und wofür sie einstehen. Wer dem entgegentreten will, der kann hartes Vorgehen gegen Hasskriminalität fordern, härtere Strafen, strengere Gesetze.

Noch wichtiger aber ist die Unterstützung und Würdigung jener, die täglich in den Gemeinden ihr Bestes geben. In einer im Dezember veröffentlichten Befragung, die die Konrad-Adenauer-Stiftung in Auftrag gegeben hat, gaben nur rund 25 Prozent der Befragten an, Politiker genössen in der Gesellschaft viel oder sehr viel Respekt. Weit weniger als Ärzte, Richter oder Unternehmer, auf dem letzten Platz hinter Gewerkschaftern und Journalisten. Das ist der Nährboden, auf dem Beschimpfungen und Bedrohungen besonders gut fruchten können. Es muss ja nicht gleich das beste Stück Fleisch beim Metzger für ihn reserviert sein. Aber ein Bürgermeister, der den Respekt und die Anerkennung seiner Gemeinde spürt, wird sich von Anfeindungen weniger einschüchtern lassen als einer, der sich ohnehin allein gelassen fühlt.



Quelle: ots/Mittelbayerische Zeitung