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Einlagensicherung: Fiktion und Fakten

Die privaten Banken trauen sich was: Mitten in den erbitterten Diskussionen über eine Vergemeinschaftung der Einlagensicherung in Europa fassen sie mit der nächsten Reform ihres eigenen, auf freiwilliger Mitgliedschaft basierenden Fonds ein ganz heißes Eisen an.

Geschrieben von Bernd Wittkowski am . Veröffentlicht in Wirtschaft.
Foto: tel15202 / pixabay (CC)

Die privaten Banken trauen sich was: Mitten in den erbitterten Diskussionen über eine Vergemeinschaftung der Einlagensicherung in Europa fassen sie mit der nächsten Reform ihres eigenen, auf freiwilliger Mitgliedschaft basierenden Fonds ein ganz heißes Eisen an.

Nachdem 2011 eine über zehn Jahre gestreckte Senkung des Schutzniveaus beschlossen wurde, geht es diesmal in der Tendenz darum, als nicht schutzbedürftig oder nicht schutzwürdig definierten Institutionellen die Absicherung völlig zu entziehen.

Eine Gebietskörperschaft, um ein Beispiel zu nennen, könnte dann nicht mehr weitestgehend risikolos einen mittleren zweistelligen Millionenbetrag an Steuergeld für ein paar Basispunkte mehr bei einem schon länger für sein unorthodoxes Geschäftsgebaren bekannten Institut aufs Spiel setzen - nach dem Motto: Wenn's schiefgeht, zahlt ja die Einlagensicherung. Solche Exempel von Skrupellosigkeit - der Terminus technicus lautet "Einlagensicherungsarbitrage" - dürften für den Bankenverband anlässlich des Entschädigungsfalls Maple Bank den Ausschlag gegeben haben, das einst zum Schutz der privaten Sparer erfundene und insoweit absolut bewährte Sicherungssystem erneut zu überdenken.

Das Thema ist hochsensibel. Da werden viele Institutionelle für ihre Einlagen schon per Negativzins - demnächst noch kräftiger - zur Kasse gebeten, jetzt soll ihr Geld obendrein nicht einmal mehr geschützt sein. Ganz davon abgesehen, dass über Details wie die Abgrenzung zwischen "privat = schutzbedürftig" und "institutionell = nicht schutzwürdig" noch heftig gestritten werden dürfte: Diese Reform, über die wohl auch grundsätzlich das letzte Wort längst nicht gesprochen ist, wäre eine Systemveränderung. Wohin mit dem Geld? In den Tresor? Die Kontoguthaben privat gegen Bankpleiten versichern? Umschichten zu Sparkassen/Landesbanken oder Genossenschaftsbanken, die selbst schon in Überliquidität schwimmen?

Dennoch ist die Diskussion notwendig. Erstens spricht es für Reformbedarf, wenn sich Fälle mindestens an der Grenze zum Missbrauch eines Schutzsystems häufen. Zweitens ist auch das sinkende Sicherungsniveau der privaten Banken ja immer noch eine Fiktion, die man weiter den Fakten annähern sollte. Schon zwei, drei "Maples" würden den Fonds überfordern. Sollte gar eine größere Bank die Grätsche machen, müssten sowieso wieder der dann amtierende Kanzler und sein Finanzminister vor die Mikrofone treten: "Wir sagen den Sparerinnen und Sparern, dass ihre Einlagen sicher sind. Auch dafür steht die Bundesregierung ein."



Quelle: ots/Börsen-Zeitung