Das Ende einer Ära
Mit dem Rückzug von Werner Wenning von der Aufsichtsratsspitze von Bayer endet eine Ära. Wenning setzt sozusagen einen Schlusspunkt unter eine mehr als fünfzigjährige Dienstzeit - und zwar aus freien Stücken. Das war angesichts der Unbelehrbarkeit, mit der die Bayer-Verwaltung in der Vergangenheit ihren Investoren gegenübergetreten war, nicht notwendigerweise zu erwarten.
Mit dem Rückzug von Werner Wenning von der Aufsichtsratsspitze von Bayer endet eine Ära. Wenning setzt sozusagen einen Schlusspunkt unter eine mehr als fünfzigjährige Dienstzeit - und zwar aus freien Stücken. Das war angesichts der Unbelehrbarkeit, mit der die Bayer-Verwaltung in der Vergangenheit ihren Investoren gegenübergetreten war, nicht notwendigerweise zu erwarten.
Doch mit der 2018 vollzogenen Übernahme des US-Saatgutherstellers Monsanto und den kurz darauf schlagend gewordenen Klagerisiken sind ohnehin andere Zeiten in Leverkusen angebrochen. Sie gipfelten in der vorigen Hauptversammlung in der Nicht-Entlastung des Vorstands und einem mit knapp 67 Prozent nicht eben überzeugenden Entlastungsbeschluss für den Aufsichtsrat.
Sah es im Anschluss an dieses Debakel zunächst so aus, als nehme Bayer das Votum lediglich zur Kenntnis, mache ansonsten aber weiter wie bisher, darf ein Jahr später konstatiert werden: Die Botschaft der Aktionäre ist nicht nur angekommen, sondern wurde auch angenommen. Gerade mit Blick auf Governance-Themen hat Bayer in den vergangenen zwölf Monaten nachgebessert. Angefangen mit der Einrichtung eines Sonderausschusses im Aufsichtsrat, der sich mit der Glyphosat-Klagewelle befasst und von einem in US-Produkthaftungsklagen erfahrenen Anwalt beraten wird, bis hin zur Erweiterung der Agrarexpertise im Aufsichtsrat mit der US-Ernährungsexpertin Ertharin Cousin. Wenn Wenning Ende April die Segel streicht, hinterlässt er seinem Nachfolger im Aufsichtsrat also einen weitgehend sauberen Tisch.
Zugleich stellt sich jedoch die Frage, was der Abschied von Wenning, der den Konzern in den vergangenen Jahrzehnten nach seinen Vorstellungen formte, für den Vorstandsvorsitzenden Werner Baumann bedeutet. Mit Wenning verliert Baumann seinen wichtigsten Fürsprecher. Der 73-Jährige war es, der Baumann lange vor der Zeit zum Nachfolger von Marijn Dekkers kürte und mit ihm die größte und zugleich folgenschwerste Akquisition der Firmengeschichte durchzog.
Mit seinem Rückzug bringt Wenning seinen Zögling Baumann einerseits aus der Schusslinie der Kritiker. Andererseits fehlt Baumann künftig die Rückendeckung. Mit dem Wechsel zur Hauptversammlung hält Wenning zudem noch ein letztes Mal seine schützende Hand über den Vorstandschef. Denn auch den Investoren ist klar, dass Aufsichtsrats- und Vorstandschef nicht zeitgleich von der Bayer-Bühne abtreten können.