Brexit: Die neuen roten Linien
Mit Sorge wurde in Brüssel in den vergangenen Wochen beobachtet, wie sich die Rhetorik in London in Bezug auf die künftigen Beziehungen gewandelt hat. Im Oktober hatten beide Seiten noch eine politische Erklärung unterschrieben, laut der ein Level Playing Field angestrebt wird und es damit Garantien für einen offenen und fairen Wettbewerb geben soll. In der EU-27 hat es zuletzt aber zunehmend den Eindruck gegeben, die britische Regierung wolle mehr und mehr von dieser Erklärung und von der Umsetzung des Austrittsabkommens abrücken.
Mit Sorge wurde in Brüssel in den vergangenen Wochen beobachtet, wie sich die Rhetorik in London in Bezug auf die künftigen Beziehungen gewandelt hat. Im Oktober hatten beide Seiten noch eine politische Erklärung unterschrieben, laut der ein Level Playing Field angestrebt wird und es damit Garantien für einen offenen und fairen Wettbewerb geben soll. In der EU-27 hat es zuletzt aber zunehmend den Eindruck gegeben, die britische Regierung wolle mehr und mehr von dieser Erklärung und von der Umsetzung des Austrittsabkommens abrücken.
Die Leitlinien für die anstehenden Verhandlungen, die die EU-Staaten am Dienstag verabschiedet haben, waren daher nicht unumstritten. Vor allem Frankreich hatte die Formulierungen verschärfen wollen und hatte versucht, eine Art "Ewigkeitsgarantie" für ein Level Playing Field einzufügen. Solche roten Linien gibt es nun nicht. Aber im Verhandlungsmandat wird dennoch betont, ein fairer Wettbewerb müsse von belastbaren Zusagen getragen sein. Dies dürfte einer der Knackpunkte der Verhandlungen werden, die nächste Woche beginnen.
Das Ziel dieser Verhandlungen ist mehr als ambitioniert: Bis Jahresende soll ja nicht nur ein Freihandelsabkommen unterschriftsreif sein, sondern auch ein Fischerei-Abkommen, einzelne sektorale Verständigungen für Energie, Finanzdienstleistungen und Mobilität, effektive Streitbeilegungsmechanismen und eine Sicherheitspartnerschaft. Wohl nur unverbesserliche Optimisten glauben derzeit noch, dass dies in dieser kurzen Zeit gelingen kann. Was genau bis zum Ende der Übergangsperiode möglich ist, wird sich aber erst im Sommer zeigen, wenn ein Zwischenfazit der Verhandlungen gezogen wird und die Prioritäten der Gespräche noch einmal neu justiert werden.
Für den EU-Verhandlungsführer Michel Barnier gibt es in den nächsten Monaten drei große Herausforderungen: Zum einen soll er Großbritannien auch künftig in eine enge Partnerschaft an die Union binden, den Zugang zum Binnenmarkt aber zugleich beschränken. Der neue Drittstaaten-Status muss für alle schließlich auch sichtbar werden. Zweitens muss Barnier dabei auch in Zukunft den Zusammenhalt in der EU festigen - was deutlich schwieriger wird als in den bisherigen Verhandlungen um das Austrittsabkommen. Die Interessen der 27 Länder sind nicht mehr so leicht unter einen Hut zu bekommen. Und schließlich gilt es auch noch, den Frieden auf der irischen Insel zu bewahren - bei der Menge an Verhandlungszielen sollte das nicht vergessen werden.