Zu Unrecht abgeschobener Afghane auf dem Weg nach Deutschland
Nasibullah S. hat nach Informationen von NDR und Süddeutscher Zeitung heute (Mittwoch, 8. August) Afghanistan verlassen und befindet sich auf dem Weg zurück nach Deutschland. Der 20-jährige Afghane war am 3. Juli zusammen mit 68 weiteren Personen nach Afghanistan abgeschoben worden, obwohl sein Asylverfahren in Deutschland noch nicht beendet war. Die illegale Abschiebung war nach Recherchen des NDR bekannt geworden.
Nasibullah S. hat nach Informationen von NDR und Süddeutscher Zeitung heute (Mittwoch, 8. August) Afghanistan verlassen und befindet sich auf dem Weg zurück nach Deutschland. Der 20-jährige Afghane war am 3. Juli zusammen mit 68 weiteren Personen nach Afghanistan abgeschoben worden, obwohl sein Asylverfahren in Deutschland noch nicht beendet war. Die illegale Abschiebung war nach Recherchen des NDR bekannt geworden.
Am frühen Nachmittag bestieg Nasibullah S. ein Flugzeug in Kabul. Zunächst fliegt er in die pakistanische Hauptstadt Islamabad. Dort bekommt er in der Deutschen Botschaft ein Visum, denn die deutsche Vertretung in Kabul ist seit dem schweren Anschlag im Mai 2017 immer noch kaum arbeitsfähig. Danach reist er weiter nach Deutschland, wo er am Donnerstag erwartet wird. Er soll zunächst nach Neubrandenburg reisen, wo er vor seiner Abschiebung untergebracht war. Dann wird auch sein Asylverfahren vor dem Verwaltungsgericht Greifswald fortgesetzt.
Die Anwältin von Nasibullah S, Sonja Steffen, sagte NDR und Süddeutscher Zeitung, die Chancen durch die illegale Abschiebung seien weder besser noch schlechter geworden. Sie fordert aber mehr Sorgfalt der Behörden: „Es geht um Menschen und es geht um Schicksale. Da wird konkret deren Leben komplett verändert durch eine Abschiebung. Deswegen ist meine Forderung, dass vor jeder Abschiebung noch einmal sehr sorgfältig geprüft wird, ob die Abschiebung rechtmäßig ist.“
Nasibullah S. schildert den Tag seiner Abschiebung aus Deutschland so: „Die Polizei kam in mein Zimmer. Ich sagte denen: ‚Ich habe aber demnächst einen Termin vor Gericht. Ich muss mit meiner Anwältin sprechen.‘ Aber die Polizisten meinten: ‚Deine Anwältin kann dir in dem Fall auch nicht helfen‘.“
Der 20-Jährige war am 11. November 2015 nach Deutschland gekommen und hatte im Dezember 2015 Asyl beantragt. Er gab an, von den Taliban bedroht worden zu sein. Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) lehnte seinen Antrag im Februar 2017 ab. In der Begründung hieß es aber, er müsse nicht in den gefährlichen Süden des Landes zurückkehren, sondern könne auch in anderen Regionen Afghanistans leben, die ausreichend sicher seien. Gegen den ablehnenden Bescheid klagte Nasibullah S. vor dem Verwaltungsgericht Greifswald. Doch obwohl das Verfahren noch nicht abgeschlossen war und das Gericht ihn für den 11. Juli 2018 vorgeladen hatte, wurde er bereits am 3. Juli nach Afghanistan abgeschoben. Das Innenministerium räumte nach der Enthüllung des NDR ein, Nasibullah S. sei zu Unrecht abgeschoben worden. Der Vorfall werde im BAMF zum Anlass genommen, bestehende Prozesse nochmals zu überprüfen.
Nasibullah S. war nach seiner Abschiebung von Kabul weiter in den gefährlichen Süden des Landes gereist, wo seine Familie lebt. Dort erreichte ihn die Nachricht; dass er nach Deutschland zurückkehren darf, um sein Asylverfahren zu beenden. Vor etwa zwei Wochen kehrte er dann zurück in die afghanische Hauptstadt, um auf nötige Dokumente für seine Rückreise zu warten. Das Auswärtige Amt hatte seine Unterkunft in einem Hotel in Kabul organisiert. Dort wagte sich Nasibullah S. kaum vor die Tür. „Ich habe große Angst, immer wenn ich auf die Straße gehe. So wie jeder in Kabul. Denn die Stadt ist überall unsicher, ständig gibt es Explosionen, Selbstmordanschläge.“
Ob Nasibullah S. in Deutschland bleiben darf, wird das Verwaltungsgericht in Greifswald entscheiden. „Wir erwarten die Gerichtsverhandlung Anfang September“, so seine Anwältin Sonia Steffen. Nasibullah S. befürchtet, dass sein Asylantrag erneut abgelehnt werden könnte und er dann wieder nach Afghanistan abgeschoben wird. Darüber will er aber im Moment nicht nachdenken. „Mein Plan ist: Ich will studieren und arbeiten und in Deutschland zur Ruhe kommen.“