Trumps strategische Kapriolen
Das Strickmuster, nach dem Trump Außenpolitik betreibt, lässt sich inzwischen gut erkennen. Erst stößt er Drohungen aus, die so massiv sind, dass sie übertrieben wirken. Dann rudert er zurück, und preist sich als Friedensstifter, der gerade eine große Gefahr abgewendet hat. Dahinter steckt die Vorstellung des selbst ernannten "Verhandlung-Künstlers", er müsse erst eine Position der Stärke aufbauen, von der aus er dann Abstriche machen könne.
Das Strickmuster, nach dem Trump Außenpolitik betreibt, lässt sich inzwischen gut erkennen. Erst stößt er Drohungen aus, die so massiv sind, dass sie übertrieben wirken. Dann rudert er zurück, und preist sich als Friedensstifter, der gerade eine große Gefahr abgewendet hat. Dahinter steckt die Vorstellung des selbst ernannten "Verhandlung-Künstlers", er müsse erst eine Position der Stärke aufbauen, von der aus er dann Abstriche machen könne.
So durchsichtig Trumps Vorgehen auch sein mag, so wenig scheint er es innerhalb seiner eigenen Regierung abgestimmt zu haben. Allen voran nicht mit Sicherheitsberater John Bolton, der sich gegen Verhandlungen mit Nordkorea und für ein robustes Vorgehen gegen Iran ausgesprochen hat. Dieses strategische Durcheinander trat während des Japan-Besuchs Trumps öffentlich in Erscheinung. Der Präsident gab sich seltsam entspannt über die jüngsten Raketentests Nordkoreas, die das Pentagon und Bolton unisono als Verletzung von Sanktionen des Weltsicherheitsrats werteten. "Ich sehe das anders", postulierte Trump bei einer Pressekonferenz mit Abe in Japan. Dabei räumte er ein, dass "meine Leute denken, es könnte eine Verletzung sein". Doch ihm sei das egal. Das war ein deutlicher Rüffel für Bolton, dem dritten Sicherheitsberater Trumps, zu dem er von Anfang an kein persönliches Verhältnis aufbauen konnte. Dieser hatte ihn ausdrücklich davor gewarnt, Kim Jong-Un mit dem Schaufenster-Gipfel in Singapur international aufzuwerten. Trumps Alleingang mündete erwartungsgemäß in einer Sackgasse.
Seitdem treibt der Diktator den Präsidenten vor sich her. Was zu der kuriosen Situation führt, dass Trump so tun muss, als ob. Deshalb verteidigt er Kim und machte ihn in Japan sogar zum Kronzeugen für den angeblich "niedrigen IQ" seines möglichen Herausforderers bei den Präsidentschaftswahlen, Joe Biden.
In Bezug auf Iran steuert Trump nun einen ähnlichen Kurs. Nachdem er die USA im Mai 2018 aus dem Atomabkommen zurückgezogen hatte, verschärfte er die Sanktionen und ließ kräftig die Säbel rasseln. Mit Außenminister Mike Pompeo und Bolton hat er nun zwei ausgesprochene Falken in Schlüsselpositionen. Einer davon, Bolton, wirbt offen dafür, "Regimewechsel in Iran" zur offiziellen Politik der USA zu machen. Der andere setzt die Alliierten und andere wichtige Länder bei einer Rundreise unter Druck, nicht mit Iran zu kooperieren. Diese Woche wird er in Deutschland und der Schweiz Dampf machen. In Tokio pfiff Trump seinen Sicherheitsberater nun zurück. "Wir wollen keinen Regimewechsel", erklärte der Präsident. "Ich denke wir werden einen Deal machen."
Ein hoher Mitarbeiter Trumps bestätigte die Spannungen zwischen dem Isolationisten und seinem interventionistischen Sicherheitsberater. "Ginge es nach John", so zitiert er den Präsidenten gegenüber der New York Times, "steckten wir jetzt schon in vier Kriegen." Warum aber sind John und Mike dann noch im Amt? Vielleicht reicht Trump ein Krieg. Im Falle Irans fühlt sich jedenfalls etwas nicht richtig an. Zumal das Pentagon zwei Flugzeugträger, eine B-52-Bomberstaffel und 1500 zusätzliche Soldaten Richtung Persischen Golf in Marsch setzte. Nicht zu vergessen die beispiellosen Waffenverkäufe an Irans Erzfeind Saudi-Arabien. Nichts von dem reichte für einen Regimewechsel. Aber es ist mehr als genug, Atomanlagen anzugreifen. Und das hat Trump nicht ausgeschlossen. Ihm gehe es allein um die Nuklearwaffen, erklärte er seine Politik in Tokio. Was auch immer er damit meinte, beruhigend ist das wahrlich nicht. Die strategischen Kapriolen könnten sich in diesem Fall als Nebelkerzen erweisen.