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Portugal: Costas Befreiungsschlag

Sozialdemokraten in ganz Europa blicken gerade wohl mit Anerkennung und Neid auf Portugal, wo die PS von Ministerpräsident António Costa am Sonntag mit fast 37 Prozent der Stimmen einen achtbaren Wahlsieg einfuhr. Zwar verpasste Costa sein Maximalziel einer absoluten Mehrheit im Parlament, allerdings nur knapp. Er kann fortan gleich auf mehrere Partner zugreifen und ist nicht mehr vollständig von der Gunst des Linken Blocks und der Kommunisten abhängig. Die Anleihemärkte honorierten am Montag das Wahlergebnis, das stabile politische Verhältnisse gewährleisten sollte.

Geschrieben von Thilo Schaefer am . Veröffentlicht in Welt.
António Costa
António Costa
Foto: Web Summit / CC BY 2.0 (via Flickr)

Sozialdemokraten in ganz Europa blicken gerade wohl mit Anerkennung und Neid auf Portugal, wo die PS von Ministerpräsident António Costa am Sonntag mit fast 37 Prozent der Stimmen einen achtbaren Wahlsieg einfuhr. Zwar verpasste Costa sein Maximalziel einer absoluten Mehrheit im Parlament, allerdings nur knapp. Er kann fortan gleich auf mehrere Partner zugreifen und ist nicht mehr vollständig von der Gunst des Linken Blocks und der Kommunisten abhängig. Die Anleihemärkte honorierten am Montag das Wahlergebnis, das stabile politische Verhältnisse gewährleisten sollte.

Portugal zeigt, dass ein Land, das den harten Sparkurs der Troika am eigenen Leib zu spüren bekommen hat, nicht unweigerlich eine komplette Umwälzung seiner politischen Landschaft und den Aufstieg populistischer Parteien erleben muss. Mit Chega sitzt in Portugal nun als ziemlich letztem Land in Europa auch eine rechtsradikale Kraft im Parlament, jedoch mit nur einem einsamen Abgeordneten. Die beiden großen Parteien - Costas Sozialisten und die konservative PSD - behaupteten am Sonntag zusammen gut zwei Drittel der Stimmen.

Ein Wehmutstropfen war dagegen die geringe Wahlbeteiligung von knapp 55 Prozent. Beachtenswert ist, dass die Portugiesen den Konsolidierungskurs von Costa und dessen Finanzminister und Eurogruppenchef Mário Centeno akzeptiert haben und die linken Parteien mit ihren Versprechen von mehr Sozialausgaben nicht zulegen konnten. Costa scheint es gelungen zu sein, die eigene Gesellschaft von seiner behutsamen Fiskalpolitik zu überzeugen, obwohl noch längst nicht alle schmerzhaften Folgen der Krise behoben wurden.

Für das kommende Jahr plant man in Lissabon sogar schon Haushaltsüberschüsse ein. Costa hätte also etwas Spielraum, um sich die Unterstützung der Linken im Parlament zu sichern. Für die notwendigen Strukturreformen, etwa zur Steigerung der schwachen Produktivität, könnte der Ministerpräsident dagegen möglicherweise auf die Konservativen zurückgreifen, die sich dafür bereits angeboten haben. Denn trotz der Haushaltsüberschüsse und eines Wirtschaftswachstums von knapp 2 Prozent sind die Herausforderungen und Risiken groß. Die Staatsschulden liegen immer noch über 120 Prozent der Wirtschaftsleistung und Portugal ist übermäßig vom Export und dem jüngsten Tourismusboom abhängig. Angesichts der dunklen Wolken am globalen Horizont kann Portugal nun auf eine noch stärkere Regierung zählen als in den letzten vier Jahren.



Quelle: ots/Börsen-Zeitung