MH 17: Russland bleibt unbeeindruckt
Im Fall MH 17 wird internationale Mordanklage erhoben. Das ist zuallererst eine gute Nachricht für die Angehörigen, die auf Gerechtigkeit hoffen oder zumindest auf einen Richterspruch, der ihnen Klarheit verschaffen und ihnen vielleicht helfen kann, mit dem Tod ihrer Nächsten umzugehen.
Im Fall MH 17 wird internationale Mordanklage erhoben. Das ist zuallererst eine gute Nachricht für die Angehörigen, die auf Gerechtigkeit hoffen oder zumindest auf einen Richterspruch, der ihnen Klarheit verschaffen und ihnen vielleicht helfen kann, mit dem Tod ihrer Nächsten umzugehen.
Zur Erinnerung: Beim Abschuss des malaysischen Passagierjets über der Ostukraine starben im Juli 2014 fast 300 Menschen, größtenteils Niederländer, die mit dem Krieg am Boden nicht das Geringste zu tun hatten. Ein kaum fassbares Verbrechen. Die Anklageerhebung ist aber auch eine gute Nachricht für alle, die an die Kraft des Rechts glauben.
Wladimir Putin gehört erwiesenermaßen nicht dazu. Der russische Präsident setzt allein auf Macht. Justitia ist in seinem Herrschaftsgebiet nicht blind für Einflüsse von außen, sondern im Gegenteil eine willige Erfüllungsgehilfin des Kremls. Das zeigt sich sogar dann, wenn einmal etwas schiefläuft bei der Exekution Putinscher Willkürjustiz, wie zuletzt im Fall des Investigativjournalisten Iwan Golunow. Wieder war es der Präsident, der das allzu offensichtliche Fake-Urteil einkassieren ließ. Es bedarf kaum der Erwähnung, dass Putin von internationalem Recht noch viel weniger hält als von nationalen Gesetzen.
Die militärische Eroberung und Annexion der Krim unter eklatantem Bruch des Völkerrechts ist dafür ein Beleg von andauernder Gültigkeit. Noch einmal zur Erinnerung: Vertreter Russlands hatten 1994 das Budapester Memorandum unterzeichnet, das die territoriale Integrität der Ukraine garantieren sollte. Im Gegenzug verzichtete Kiew auf den Besitz von Atomwaffen aus dem ehemaligen Sowjetarsenal. 20 Jahre später interessierte das Memorandum aber niemanden mehr im Kreml. Putin sandte Soldaten ohne Hoheitsabzeichen auf die Schwarzmeerhalbinsel, die dort im Eiltempo die Macht übernahmen. Wenige Tage später feierte die Nation die Heimholung der Krim ins Imperium.
Doch damit nicht genug. Auch der separatistische Krieg im Donbass ist ein offensichtlicher Beleg für die Verachtung, mit der die russische Führung internationale Rechtsfragen abhandelt. Die Kriegführung wird in Moskau gesteuert und in den ostukrainischen Gebieten Donezk und Luhansk von Söldnern exekutiert.
Für diese Zusammenhänge haben nicht zuletzt die Ermittlungen im Fall MH 17 schlagende Beweise geliefert. Damit keine Missverständnisse aufkommen: Für die Angeklagten gilt selbstverständlich die Unschuldsvermutung. Die politische Bewertung des Geschehens ist aber eindeutig. Russische Luftabwehrraketen wurden im Sommer 2014 über die Grenze in die Ukraine transportiert und so dilettantisch abgefeuert, dass sie das Zivil-Flugzeug trafen. Das Gericht in den Niederlanden wird hoffentlich klären, wer den Befehl gab und wer schoss. Die Verantwortlichen im Kreml aber werden sich dafür nur am Rande interessieren.
Wer daran noch Zweifel hegt, der sei an das russische Verhalten in einem anderen internationalen Fall erinnert. Es ist noch keine vier Wochen her, dass das UN-Seegericht in Hamburg von Russland verlangte, 24 ukrainische Matrosen sofort auf freien Fuß zu setzen, deren Schiffe im vergangenen November von der russischen Marine in der Meerenge von Kertsch nahe der Krim aufgebracht worden waren. Die lapidare Reaktion aus Moskau: Das internationale Gericht sei nicht zuständig.
Nein, niemand möge sich mit Blick auf Putins Russland Illusionen hingeben, schon gar nicht in Rechtsfragen. Deswegen ist auch schon jetzt klar, dass das Urteil im Fall MH 17 keine Auswirkungen auf die aggressive russische Ukraine-Strategie haben wird. Das ist die schlechteste von vielen schlechten Nachrichten beim Blick auf diesen