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Energiewende: Deutschlands große Chance

Skepsis, Hohn und Kritik aus dem In- und Ausland begleiten die deutsche Energiepolitik seit dem Entschluss, Atomkraftwerke und bald auch Kohlekraftwerke vollständig durch andere Energiequellen zu ersetzen. Dass Deutschland es trotz Milliardeninvestitionen nicht schafft, die selbst gesteckten Klimaziele bis 2020 zu erreichen, lässt die Kritiker noch lauter werden.

Geschrieben von Katia Meyer-Tien am . Veröffentlicht in Umwelt.
Foto: moerschy / CC0 (via Pixabay)

Skepsis, Hohn und Kritik aus dem In- und Ausland begleiten die deutsche Energiepolitik seit dem Entschluss, Atomkraftwerke und bald auch Kohlekraftwerke vollständig durch andere Energiequellen zu ersetzen. Dass Deutschland es trotz Milliardeninvestitionen nicht schafft, die selbst gesteckten Klimaziele bis 2020 zu erreichen, lässt die Kritiker noch lauter werden.

Dabei reicht ein Blick auf die Ereignisse der vergangenen Wochen, um zu sehen, wie richtig und wichtig die Energiewende ist. Wenn tausende Schüler Freitag für Freitag für eine bessere Klimapolitik demonstrieren und Millionen Menschen ein Bürgerbegehren für mehr Artenschutz unterschreiben, zeigt das, dass Umweltpolitik längst mehr als ein Nischenanliegen ist. Und wenn die amerikanische Regierung auf der Münchner Sicherheitskonferenz offen droht, den Bau der Gaspipeline Nord Stream 2 mit dem Bruch des Verteidigungsbündnisses zu bestrafen, dann zeigt das, welch gewaltige Vorteile eine dezentrale, vom Ausland weitgehend unabhängige Energieversorgung bringen würde. Wenn aber die Unterstützung in der Bevölkerung für eine zukunftsorientierte Klima- und Energiepolitik so groß ist, warum formieren sich dann bei nahezu jedem geplanten Windpark, bei jeder projektierten Stromtrasse oder Photovoltaikanlage Bürgerinitiativen, die diese verhindern und teils erbittert bekämpfen?

Hier allein das Sankt-Florians-Prinzip - verschon mein Haus, zünd andere an - zu bemühen, greift zu kurz. Sicher spielt es eine Rolle, dass im Idealbild einer "schönen Landschaft" weder schwarze Solarpanels noch rotierende Windkraftanlagen vorgesehen sind. Und dass sich wohl jeder daran stört, wird ihm das eigene Naherholungsgebiet oder gar die eigene Aussicht mit Anlagen zur Stromgewinnung verbaut. Der abstrakte Verweis auf die gigantische Naturzerstörung durch den Kohleabbau oder die Risiken eines Kernkraftwerkes in hundert Kilometern Entfernung verfängt da kaum, zu nah ist sich jeder selbst.

Befeuert aber wird der Protest noch zusätzlich - und unnötig - durch die scheinbare Willkür mancher Bauprojekte. Warum beispielsweise ein Solarpark auf einer grünen Wiese gebaut werden muss, wenn noch tausende Quadratmeter Dachflächen frei von Photovoltaikanlagen sind, ist kaum vermittelbar. Damit verschenkt Deutschland Chancen. Ohne den Bau von Solaranlagen, Stromtrassen und Windkraftanlagen auch in bislang intakten Naturlandschaften wird die Energiewende nicht gelingen. Eine aktive Energiewendestrategie, die beispielsweise mit einer Photovoltaikpflicht für Gebäude zunächst die ohnehin vorhandenen Potenziale ausschöpft, bevor sie Eingriffe in intakte Ökosysteme genehmigt, würde aber auf deutlich mehr Akzeptanz stoßen. Und die ist notwendig, denn langwierige Genehmigungs- und Gerichtsverfahren verzögern und verteuern den Umstieg auf die neuen Energien. Und sie lenken ab von den Möglichkeiten, die sich durch die Energiewende ergeben. Auch für die Industrie, die vor allem um die Versorgungssicherheit und die Bezahlbarkeit des Stromes bangt. Genau diese Unsicherheit nämlich könnte die Entwicklung jener neuen Speichertechnologien befördern, die der Schlüssel zum Erfolg der Energiewende sind: Gelingt es, nicht nur Kernkraft und Kohle vollständig zu ersetzen, sondern auch die Energie aus Wind und Sonne zu speichern und jederzeit verfügbar zu machen, wäre die Versorgungssicherheit der deutschen Haushalte und auch der Industrie gewährleistet. Deutschland wäre unabhängiger von Gasimporten, sei es aus Russland, aus Norwegen oder aus den USA. Und deutsche Unternehmen könnten wieder zum Vorreiter einer echten Zukunftstechnologie werden.



Quelle: ots/Mittelbayerische Zeitung