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Der Turbo-Klimaschützer Söder

Umweltsünder können sich auf heftigen Gegenwind gefasst machen: Markus Söder hat sich den Klimaschutz auf die Fahnen geschrieben. Wer die Karriere des CSU-Chefs und Ministerpräsidenten verfolgt hat, der ahnt: Er wird in den nächsten Monaten in enger Taktung Klima-Offensive um Klima-Offensive starten.

Geschrieben von Christine Schröpf am . Veröffentlicht in Umwelt.
Markus Söder
Markus Söder
Foto: Josef A. Preiselbauer / CC0 (via Pixabay)

Umweltsünder können sich auf heftigen Gegenwind gefasst machen: Markus Söder hat sich den Klimaschutz auf die Fahnen geschrieben. Wer die Karriere des CSU-Chefs und Ministerpräsidenten verfolgt hat, der ahnt: Er wird in den nächsten Monaten in enger Taktung Klima-Offensive um Klima-Offensive starten.

Am Wochenende brachte er die Debatte mit zwei wuchtigen Vorstößen in Schwung: Klimaschutz soll als Staatsziel im Grundgesetz verankert werden, Bahnfahren in Fernzügen durch eine Reduzierung der Mehrwertsteuer beim Ticketpreis deutlich attraktiver. Die Kabinettsbeschlüsse der Bayern-Koalition aus CSU und Freien Wählern waren nun der zweite Akt. Der Regierungschef präsentierte einen Mix aus wuchtigen Versprechungen ("Bayern wird das erste klimaneutrale Bundesland"), aus bereits kürzlich angekündigten Projekten ("30 Millionen neue Bäume in Staatswäldern in den nächsten fünf Jahren") und einer Fülle von konkreten Maßnahmen - von der Bundesratsinitiative zum Verbot von Einwegplastiktüten und dem Nein zu Einwegplastik in staatlichen Einrichtungen bis zu deutlich mehr Bioprodukten in staatlichen Kantinen.

Anfang September wird der CSU-Vorstand an weiteren Klimaschutzmaßnahmen tüfteln. Im gleichen Monat, in dem auch das GroKo-Klima-Kabinett in Berlin tagt. Dem Bund will Söder den Klimaschutz offensichtlich nicht überlassen. Bessere Umweltpolitik in Deutschland soll eine deutliche bayerische Duftmarke haben: Damit die Automobilindustrie als wichtiger Wirtschaftsmotor möglichst wenig gedrosselt wird. Damit die Interessen der vielen Pendler im Flächenland Bayern im Blick bleiben. Bei den Grünen wächst berechtigte Sorge, Söder könnte das grüne Kernthema "Klimaschutz" künftig zumindest teilweise für sich okkupieren. So manche spöttische Bemerkung dieser Tage wirkt gequält. In Gesprächen ist Unruhe zu spüren. Söder hat auf dem Feld der Klimapolitik zwar derzeit noch ein Glaubwürdigkeitsproblem. Rund die Hälfte der bayerischen Bürger traut nach einer aktuellen Umfrage seinen grünen Trieben nicht so ganz. Die Zweifel dürften sich aber verflüchtigen, sobald erste Umweltschutz-Projekte anpackt werden.

Als Regierungschef hat Söder den Vorteil, dass er nicht nur fordern, sondern auch umsetzen und damit überzeugen kann. Was Söder zum neuen Turbo-Klimaschützer macht, ist nicht allein der Höhenflug der echten Grünen. Die Fridays-for-Future-Bewegung entfaltet bei ihm eine weit stärkere Wirkung. Denn die landesweiten Proteste der Schülerinnen und Schüler haben die Offenheit für mehr Klimaschutz in alle Bevölkerungsschichten gepflanzt. Eltern, Großeltern und die übrige Verwandtschaft wurden für grüne Botschaften empfänglich, weil sie sich den "Botschaftern" so nahe fühlen. Die Fridays-for-Future-Bewegung verstärkt einen Bewusstseinswandel, der schon zuvor in Gang gekommen war. Bester Beweis dafür ist, dass selbst recht radikale aktuelle Forderungen der Grünen inzwischen wenig Aufruhr auslösen. Der Wunsch nach einem Rationieren innerdeutscher Flüge auf ein Minimum wurde jetzt ohne großes Murren weggesteckt. Im Bundestagswahlkampf 2013 hatte dagegen der vergleichsweise harmlose Vorschlag für einen fleischlosen Tag in Kantinen Bundestagsfraktionschefin Renate Künast noch einen massiven Shitstorm beschert - als hätte sie die Nation mit Veggie-Pflanzerln zwangsernähren wollen.

Grüne Politik ist inzwischen in fast allen Parteien angekommen. Abgesehen von ein paar Klimawandel-Leugnern ist dem Großteil der Menschen klar, dass die Welt auf Kosten künftiger Generationen wirtschaftet. Der "Erd-Erschöpfungstag" in dieser Woche lieferte eine eindrucksvolle Zahl: Es bräuchte 1,75 Erden, um weiterzumachen wie bisher.



Quelle: ots/Mittelbayerische Zeitung