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Zigarettenwerbung: Notwendige Diskussionen

Es gibt nur eine richtige Entscheidung, die die Abgeordneten der CDU/CSU-Bundestagsfraktion am heutigen Dienstag treffen können: Sie sollen, ja sie müssen einem umfassenden Verbot von Tabakwerbung zustimmen. Für Produkte, die erwiesenermaßen abhängig machen und der Gesundheit schaden, kann es keine Werbung geben. Das muss für Tabakprodukte gelten, es muss für E-Zigaretten ohne Tabak gelten. Es muss - in letzter Konsequenz - auch für Alkohol gelten, die andere legale Droge. Die Diskussion darüber wird kommen.

Geschrieben von Philipp Neumann am . Veröffentlicht in Themen.
Foto: Nguyen Linh / CC0 (via Unsplash)

Es gibt nur eine richtige Entscheidung, die die Abgeordneten der CDU/CSU-Bundestagsfraktion am heutigen Dienstag treffen können: Sie sollen, ja sie müssen einem umfassenden Verbot von Tabakwerbung zustimmen. Für Produkte, die erwiesenermaßen abhängig machen und der Gesundheit schaden, kann es keine Werbung geben. Das muss für Tabakprodukte gelten, es muss für E-Zigaretten ohne Tabak gelten. Es muss - in letzter Konsequenz - auch für Alkohol gelten, die andere legale Droge. Die Diskussion darüber wird kommen.

Das Votum von CDU und CSU ist deshalb so wichtig, weil die Unionsbundestagsfraktion ein Werbeverbot lange blockiert hat. Ein fertiger Gesetzentwurf der Bundesregierung wanderte in den Papierkorb, weil der ehemalige Fraktionschef Volker Kauder ein Werbeverbot aus grundsätzlichen Gründen ablehnte. Für legale Produkte müsse geworben werden dürfen, so die Argumentation. Werbeverbote kämen einem Berufsverbot gleich. Diese Argumente wiegen tatsächlich schwer.

Noch schwerer aber wiegt: Zigaretten, Zigarren oder nikotinhaltige Verdampfungsflüssigkeiten sind keine normalen Produkte. Sie fügen der Gesundheit schweren Schaden zu und machen abhängig. Jedes Jahr sterben in Deutschland so viele Menschen an den Folgen des Rauchens, dass faktisch eine Großstadt ausgelöscht wird. Fast alle Fälle von Lungenkrebs sind aufs Rauchen zurückzuführen. Wären nikotinhaltige Produkte harmlos wie ein Kaugummi, wäre Rauchen nicht erst ab 18 Jahren erlaubt. Vor allem Jugendliche sollen durch ein Werbeverbot abgehalten werden, zur Zigarette oder zum Verdampfer zu greifen.

Denn wahr ist auch, dass das Geschäft mit dem Qualm noch immer viele Milliarden Euro schwer ist. Gerade E-Zigaretten boomen, vor allem unter Jugendlichen. Sie haben den Ruf, weniger schädlich zu sein als Zigaretten mit Tabak. Weniger schädlich aber heißt: E-Zigaretten richten in Lunge, Herz, Gehirn und in Gefäßen trotzdem Schaden an. Das enthaltene Nikotin macht genauso abhängig. Das Werbeverbot muss auch für diese Art des Rauchens gelten.

Übrigens: Die Erkenntnis, dass die Werbung umfassend verboten werden muss, ist nicht neu. Schon vor 16 Jahren hat sich Deutschland gegenüber der Weltgesundheitsorganisation dazu verpflichtet. Dass das Werbeverbot jetzt umgesetzt wird, ist auch eine Frage der Vertragstreue auf internationaler Ebene. Wir sind das einzige Land in der EU, in dem noch auf Großplakaten für Rauchprodukte geworben werden darf.

Aber drohen nun weitere Werbeverbote, etwa für Süßigkeiten, weil sie Zucker oder Fett enthalten? Diese Befürchtung ist übertrieben, denn schon heute darf nicht grenzenlos für alles geworben werden. Anzeigen für verschreibungspflichtige Medikamente sind komplett verboten. Ärzte und Anwälte dürfen nur begrenzt für sich werben. Ein Werbeverbot für süße oder fettige Nahrungsmittel ist unnötig, denn die Produkte sind nicht per se gesundheitsschädlich; hier kommt es immer auf die Menge an.

Anders ist es bei Alkohol, der legalen Droge Nummer zwei. Fast zwei Millionen Deutsche sind davon abhängig; jedes Jahr sterben mehr als 70.000 Menschen an den Folgen von Alkoholkonsum. Sollte das Tabakwerbeverbot kommen, gibt es kein Argument, es nicht auch auf Alkohol auszudehnen - vor allem, weil die negativen Folgen von Konsum oder gar Sucht hier ungleich größer sind: Bei jeder dritten Gewalttat ist Alkohol im Spiel; Betrunkene verursachen 15.000 Verkehrsunfälle pro Jahr. Ein Werbeverbot wird all das nicht verhindern. Es kann aber helfen, den Alkoholkonsum weiter zu senken. Die Diskussion darüber muss jetzt beginnen.



Quelle: ots/Berliner Morgenpost