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Misstrauensvotum gegen CDU und SPD

Trotz der dramatischen Verluste bei den Landtagswahlen im Osten für die einst die bundesrepublikanische Demokratie tragenden Parteien CDU und SPD gibt es zwei gute Nachrichten: Die einstigen Volksparteien haben sich - wenn auch auf niedrigem Niveau - stabilisiert. In dem historischen Moment, in dem die rechtsradikal durchsetzte AfD im Osten Mehrheitspartei zu werden drohte, haben die Wähler CDU und SPD so viel warme Luft unter die müden Flügel gegeben, dass sie weiterregieren können.

Geschrieben von Eva Quadbeck am . Veröffentlicht in Politik.
Foto: Sandro Halank, Wikimedia Commons, CC BY-SA 3.0

Trotz der dramatischen Verluste bei den Landtagswahlen im Osten für die einst die bundesrepublikanische Demokratie tragenden Parteien CDU und SPD gibt es zwei gute Nachrichten: Die einstigen Volksparteien haben sich - wenn auch auf niedrigem Niveau - stabilisiert. In dem historischen Moment, in dem die rechtsradikal durchsetzte AfD im Osten Mehrheitspartei zu werden drohte, haben die Wähler CDU und SPD so viel warme Luft unter die müden Flügel gegeben, dass sie weiterregieren können.

Die erheblichen Gewinne der AfD in Brandenburg und Sachsen sind dennoch alarmierend. Knapp jeder vierte Wähler dort hat sich für eine politisch destruktive und damit die Demokratie bedrohende Kraft entschieden. Die Stärke der AfD im Osten symbolisiert die anhaltende deutsche Teilung im Jahr 30 nach dem Mauerfall. Das ist ein zugleich trauriger und bedrohlicher Befund. Mögen die Ostdeutschen auch oft genug die negativen Folgen der Einheit stärker sehen als die positive Wirkung der Freiheit - wenn es nicht gelingt, die deutsche Einheit endlich auch emotional zu vollenden, wird der Osten der Stachel im Fleisch der Demokratie bleiben.

CDU und SPD haben eine Verlängerung bekommen, ein Misstrauensvotum gegen die herrschenden Parteien sind diese Wahlen dennoch. Viele von denen, die bei CDU oder SPD ihr Kreuz gemacht haben, werden das nicht aus Überzeugung getan haben. Vielmehr wird die rationale Haltung dahinter stehen, dass die AfD noch viel weniger in der Lage ist, die Schulen und Krankenhäuser ordentlich auszustatten, die Dörfer mit ÖPNV an die Städte anzubinden, für Ärzte auf dem Land zu sorgen, und selbst in Fragen der inneren Sicherheit sind die Kompetenzwerte der AfD zu Recht niedrig. Zudem wird auch die aufziehende Konjunkturkrise eine Rolle spielen. In schlechten Zeiten setzen die Wähler auf Bewährtes. Am Ende trauen sie es CDU und SPD eher zu, über die richtigen Rezepte zur Stimulierung der Konjunktur zu verfügen.

So knapp das Ergebnis auch ist, die große Koalition in Berlin ist damit vorerst stabilisiert - und das ist die zweite gute Nachricht des Wahlabends in Sachsen und Brandenburg. Mit diesem Wahlausgang hat die ungeliebte Groko die Chance, doch bis 2021 zu halten. Für beide Regierungsparteien geht damit die Chance einher, sich aus ihrer desaströsen Lage zu befreien.

Für das Land und für Europa wäre es auch besser, wenn die Bundesregierung bis zu ihrem regulären Ende hielte. Ein Wahlkampf inmitten einer beginnenden Rezession wäre fatal. Dem Klima wäre auch nicht geholfen, wenn die Pläne für dessen Schutz nun in der Parteienauseinandersetzung gefleddert statt umgesetzt würden. Und Deutschland stünde international geschwächt da, wenn es ausgerechnet während der EU-Ratspräsidentschaft im zweiten Halbjahr 2020 keine funktionierende Regierung hätte.

Zwei Lehren müssen CDU und SPD dringend aus diesem desaströsen Wahlergebnis ziehen. Sie sollten aufhören, die Probleme aus parteitaktischen Gründen größer zu reden als sie sind. Bei manchen Schilderungen des ländlichen Raums im Osten könnte man meinen, es habe sich in den vergangenen 30 Jahren nichts getan. Das ist völlig verkehrt. Zugleich sollten sie endlich aufhören, sich gegenseitig mit kostspieligen Versprechen von Mütterrente über Grundrente bis hin zu Pflegegeld und einem Mindestlohn von zwölf Euro zu übertrumpfen. Stattdessen sollten sie sich daran machen, mit den vorhandenen Steuermitteln die Infrastruktur inklusive des Netzausbaus auf das Niveau zu bringen, das der viertgrößten Wirtschaftsnation der Welt würdig ist. Sie sollten das Gesundheits- und Pflegesystem so ausstatten, dass sich die Kranken und Pflegebedürftigen dort gut aufgehoben fühlen. Und sie sollten die Kommunen finanziell in die Lage versetzen, ihre Probleme vor Ort zu lösen: von der Schwimmbadsanierung bis hin zu einer bürgerfreundlichen Verwaltung. Gezielte Problemlösung könnte die Stimmung im Land verbessern, auch im Westen.



Quelle: ots/Rheinische Post