Zehn Tage im Mai - Eine deutsche Nachkriegskindheit
In seinen Träumen geht Dieter Radloff immer wieder durch das brennende Berlinder letzten Kriegstage im Jahr 1945. Er riecht dann die Bomben, den Staub, hört Glas splittern, MG-Schüsse, Stimmengewirr. Sein Vater, Oberleutnant Fritz Radloff, ein hochdekorierter Nazi, sitzt im Keller des Reichstages. Deutschland hat gerade kapituliert.
In seinen Träumen geht Dieter Radloff immer wieder durch das brennende Berlinder letzten Kriegstage im Jahr 1945. Er riecht dann die Bomben, den Staub, hört Glas splittern, MG-Schüsse, Stimmengewirr. Sein Vater, Oberleutnant Fritz Radloff, ein hochdekorierter Nazi, sitzt im Keller des Reichstages. Deutschland hat gerade kapituliert.
Bis eben hat Fritz Radloff noch an den Endsieg geglaubt, jetzt ist ihm alles abhanden gekommen - sein Reich, seine Einheit, sein Auftrag. Er ahnt nicht, wie tief er noch fallen soll. Weiß noch nichts von der Katastrophe, die ihn zu Hause erwartet. "Niemals zum Russen", schreibt Fritz Radloff in seinem Kriegstagebuch, und "lieber verrecken".
Auf der Flucht vor den Sowjets, hat er nur noch einen Gedanken: Nach Hause, nach Neustrelitz, zu seiner schwangeren Gertrud. Im frühen Morgengrauen des 2. Mai 1945 bricht Fritz Radloff auf. Raus aus der Hölle, mitten durch längst von den Russen erobertes Gebiet. Es wird eine zehntägige Odyssee. Endlich erreicht er Neustrelitz! Dort erwartet ihn die größte Niederlage seines Lebens.
Wie Kriegserlebnisse der Eltern nachfolgende Generationen prägen, davon können die Geschwister Dieter und Ursula Radloff ein Lied singen. Beide sind klassische Nachkriegskinder und doch hat der Krieg sie ihr Leben lang verfolgt. Durch die Erfahrungen der Eltern, die sie verschwiegen. Ihr Leben lang haben sich Dieter und Ursula Radloff als falsche Kinder gefühlt. Erst als sie über 60 Jahre alt sind, erfahren sie, dass ihr Vater lange vor ihnen schon einmal eine Familie hatte, die Anfang Mai 1945 ausgelöscht wurde. Weil er das Geheimnis immer spürte, hat Dieter Radloff seit langem den Wunsch die Geschichte seiner Familie zusammenzusetzen. Dazu geht er mit seiner Schwester Ursula den Weg, den sein Vater vor genau 70 Jahren nahm. Zu Fuß von Berlin nach Neustrelitz, seinem wahren Zuhause, wie der 65Jährige sagt. Dabei hat er die kleine Stadt die meiste Zeit seines Lebens nicht gekannt.
"Zehn Tage im Mai" ist die Geschichte einer deutschen Nachkriegskindheit, die bestimmt ist von einem Familiengeheimnis. Der Film berichtet einerseits von der schmerzhaften Reise der Geschwister Dieter und Ursula Radloff in die Vergangenheit, aber auch von einer Versöhnung. Denn am Ende der Reise haben sich die beiden Geschwister, die das Familiengeheimnis lange Jahre getrennt hatte, wieder gefunden.
Unsere Geschichte: Zehn Tage im Mai | Eine deutsche Nachkriegskindheit. Die 30-minütige Sendung ist zu sehen am Sonntag, 11. Oktober um 13.00 Uhr im NDR Fernsehen.