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Klage

DRK verklagt "nd.DerTag" wegen Artikel über Geflüchtetenunterkunft in Berlin-Tegel

Das Deutsche Rote Kreuz Sozialwerk Berlin (DRK SWB) hat die Tageszeitung "nd.DerTag" wegen ihrer Berichterstattung über unhaltbare Zustände im Ankunftszentrum Berlin-Tegel verklagt.

Geschrieben von Redaktion am . Veröffentlicht in Medien.
"Anstatt sich um eine Verbesserung der Zustände im Ankunftszentrum zu kümmern, nutzt das DRK SWB seine Ressourcen, um diejenigen, die Kritik öffentlich machen, zu verklagen", erklärt die Redaktionsleitung des "nd".
"Anstatt sich um eine Verbesserung der Zustände im Ankunftszentrum zu kümmern, nutzt das DRK SWB seine Ressourcen, um diejenigen, die Kritik öffentlich machen, zu verklagen", erklärt die Redaktionsleitung des "nd".
Foto: Kevin Hackert / CC BY-NC 2.0 (via Flickr)

Das Deutsche Rote Kreuz Sozialwerk Berlin (DRK SWB) hat die Tageszeitung "nd.DerTag" wegen ihrer Berichterstattung über unhaltbare Zustände im Ankunftszentrum Berlin-Tegel verklagt.

120.000 Euro sind als Streitwert veranschlagt. Das "nd" hat es abgelehnt, eine Unterlassungserklärung zu unterzeichnen. Am 6.6.24 findet im Berliner Landgericht die mündliche Verhandlung statt.

Im April veröffentlichte "nd.DerTag" den ausführlichen Bericht "Fatale Zustände für Geflüchtete", der Aussagen von drei Sozialbetreuer*innen enthält, deren Veröffentlichung das DRK SWB nun untersagen lassen will. Sie hatten sich an das "nd" gewandt, weil sie auf anderem Wege keine Möglichkeit sahen, um auf Missstände hinzuweisen. Die Mitarbeiter*innen, die anonym bleiben wollen, kritisieren vor allem mangelnde Hygiene, die Platzverhältnisse und den Umgang des Personals mit den Geflüchteten sowie untereinander. Das DRK SWB, eine Tochtergesellschaft des DRK Landesverbands Berlin, weist die Vorwürfe in dem Bericht zurück.

"Anstatt sich um eine Verbesserung der Zustände im Ankunftszentrum zu kümmern, nutzt das DRK SWB seine Ressourcen, um diejenigen, die Kritik öffentlich machen, zu verklagen", erklärt die Redaktionsleitung des "nd". "Mit dem Prozess gehen wir ein großes finanzielles Risiko ein. Wir lassen es darauf ankommen, weil wir die Aussagen der Mitarbeiter*innen für glaubwürdig halten. Die drei haben keinen Vorteil davon, sich kritisch zu äußern, im Gegenteil riskieren sie ihren Job. Wir schützen unsere Informant*innen und geben sie daher dem DRK nicht preis. Missstände müssen öffentlich gemacht werden, damit sich etwas ändert."

Zahlreiche Quellen, etwa der Flüchtlingsrat und verschiedene Hilfsorganisationen der Zivilgesellschaft, sprechen von einem "Klima der Angst" in Tegel. Zuletzt äußerten Vertreter*innen aus Zivilgesellschaft und Politik dies bei einem Fachgespräch im Berliner Abgeordnetenhaus unter dem Titel "Massenunterkunft Tegel: Mindeststandards und Schutzkonzepte sofort umsetzen!" Bewohner*innen und Mitarbeiter*innen üben Kritik deshalb meist anonym, selbst in den Beratungsstellen. Gleichzeitig ist der Zugang zum Ankunftszentrum für Externe stark eingeschränkt. Die Verträge zwischen dem Land Berlin und dem DRK SWB werden vor der Öffentlichkeit geheim gehalten.

Das DRK SWB ist Vertragspartner des Landes Berlin und als Projektkoordinator für den Betrieb des Ankunftszentrums zuständig, den es zusammen mit den Johannitern, den Maltesern, dem Arbeiter-Samariter-Bund und drei DRK-Kreisverbänden stemmt. Die Hilfswerke teilen sich untereinander die Verantwortlichkeiten für die Massenunterkunft mit aktuell 4500 Geflüchteten auf.

Die Verhandlung findet am 6.6.2024 um 10.30 Uhr im Saal 143 des Berliner Landgerichts II im Tegeler Weg 17-21 statt. Sie ist öffentlich.

Quelle: nd.DerTag / nd.DieWoche