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Fehler im System

Der Luftfahrtkonzern Boeing hat mit seiner Salamitaktik jegliche Glaubwürdigkeit verspielt. Als die Maschinen des Typs 737 Max abgestürzt waren, versuchte der Konzern zunächst, anderen die Schuld in die Schuhe zu schieben, den Piloten und den Airlines. Probleme mit der Software in den Fliegern wurden erst eingestanden, als die Beweislast erdrückend war. Verantwortung übernehmen muss nun ein Manager, der seit drei Jahren im Amt ist und mit der Entwicklung des Absturz-Flugzeuges daher nur wenig zu tun haben kann.

Geschrieben von Lisa Schmelzer am . Veröffentlicht in Meinung.
Foto: SounderBruce / CC BY-SA 4.0 (via Wikimedia Commons)

Der Luftfahrtkonzern Boeing hat mit seiner Salamitaktik jegliche Glaubwürdigkeit verspielt. Als die Maschinen des Typs 737 Max abgestürzt waren, versuchte der Konzern zunächst, anderen die Schuld in die Schuhe zu schieben, den Piloten und den Airlines. Probleme mit der Software in den Fliegern wurden erst eingestanden, als die Beweislast erdrückend war. Verantwortung übernehmen muss nun ein Manager, der seit drei Jahren im Amt ist und mit der Entwicklung des Absturz-Flugzeuges daher nur wenig zu tun haben kann.

Während der Chef der Zivilluftfahrtsparte gehen muss, bleibt Konzernchef Dennis Muilenburg an Bord - noch. Will man Boeing das Festhalten am Chef positiv auslegen, könnte man vermuten, er soll so lange bleiben, bis die Causa 737 Max abgearbeitet ist. Einem Nachfolger würde so ein Neustart erleichtert. Wahrscheinlicher aber ist es, dass das Schuldbewusstsein bei Boeing und Muilenburg immer noch eher schwach ausgeprägt ist.

Sicher wurden im Fall 737 Max von Boeing - und vermutlich auch von einem Teil der mit der Zulassung betrauten Behörde - gravierende Fehler gemacht. Doch ein fehlerhaftes Flugzeug ist in der Luftfahrtindustrie beileibe kein Einzelfall, wenn die Mängel auch in den meisten Fällen glücklicherweise weniger fatale Folgen haben als bei der 737 Max. Nahezu im Wochenrhythmus ist von Problemen mit Triebwerken zu hören, die Maschinen zum Grounding zwingen (Airbus A220) oder die Entwicklung eines Modells verzögern (Boeing 777X). Da müssen Sitzreihen leer bleiben, damit ein Flieger nicht zu kippen droht (A320 neo) oder es werden Risse in Bauteilen gefunden (Boeing 737).

Sorgen um die Ingenieurskunst muss man sich deshalb nicht machen. Das zuweilen schlampig wirkende Arbeiten hat vielmehr mit dem enormen Zeit- und Kostendruck zu tun, unter dem Hersteller, Zulieferer und Airlines stehen und der manch einen dazu verleitet, von Fall zu Fall Fünfe gerade sein zu lassen. Anders lässt sich nicht erklären, warum etwa für die Lufthansa, die mehr Passagiere unterbringen wollte, ein Airbus A320 neo mit weit in das Heck verschobener Bordküche konfiguriert wurde, was nun zu einer ungünstigen Gewichtsverteilung inklusive Kippgefahr führt.

Im Fall der Boeing 737 Max wurde beispielsweise an Sensoren gespart und an der Schulung von Piloten. Auch die Behörden verfolgten bei Zulassungen ein strenges Kosten- und Zeitmanagement - Teile der Prüfungen und Abnahmen wurden ausgelagert, an den Hersteller Boeing. Es ist allerhöchste Zeit, solche Fehler im System auszumerzen.



Quelle: ots/Börsen-Zeitung