Eine Folge tiefer Spaltung
Die neue Woche ist erst einige Stunden alt, als der nächste politische Paukenschlag die Republik aufrüttelt: An Tag fünf nach dem Debakel von Thüringen kündigt die CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer an, auf die Kanzlerkandidatur zu verzichten. Sie läutet damit den Anfang vom Ende ihrer Zeit als Parteivorsitzende ein. Dabei weist Kramp-Karrenbauers Entscheidung weit über ihre Person hinaus. Dieser Schritt legt offen, wie tief gespalten die Union mittlerweile intern ist. Er zeigt zugleich aber auch, wie sehr der Druck auf die demokratischen Parteien insgesamt wächst.
Die neue Woche ist erst einige Stunden alt, als der nächste politische Paukenschlag die Republik aufrüttelt: An Tag fünf nach dem Debakel von Thüringen kündigt die CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer an, auf die Kanzlerkandidatur zu verzichten. Sie läutet damit den Anfang vom Ende ihrer Zeit als Parteivorsitzende ein. Dabei weist Kramp-Karrenbauers Entscheidung weit über ihre Person hinaus. Dieser Schritt legt offen, wie tief gespalten die Union mittlerweile intern ist. Er zeigt zugleich aber auch, wie sehr der Druck auf die demokratischen Parteien insgesamt wächst.
Die perfiden Volten der AfD, zuletzt im Thüringer Landtag, stellen den Zusammenhalt der Freunde der Demokratie massiv auf die Probe. Man möchte ihnen zurufen: Haltet zusammen! Das Beben von Thüringen war sicherlich der Auslöser für Kramp-Karrenbauers Rückzug. Die CDU-Chefin konnte sich in einer Situation nicht durchsetzen, in der Durchsetzungskraft dringend geboten ist. Trotz ihrer Forderung nach Neuwahlen in Thüringen scherte der Landesverband aus und widersetze sich der Linie der eigenen Parteichefin. Führungsstärke sieht anders an. Thüringen ist aber sicherlich nicht der einzige Grund, warum Kramp-Karrenbauer ihren Rückzug nun vorbereitet. Die Noch-Chefin wackelt seit langem, ihre Umfragewerte sind im Keller. Dieses schlechte Ansehen nach außen hat auch mit inneren Gräben zu tun: Kramp-Karrenbauer ist es nicht gelungen, ihre Widersacher einzufangen und die verschiedenen Parteilinien zu befrieden. Nun zieht sie Konsequenzen aus der wachsenden Kritik. Und sie tut es rechtzeitig - bis zur nächsten Bundestagswahl sind noch gut eineinhalb Jahre Zeit. Das muss man der Parteichefin zugute halten.
Trotzdem: Die Lage ist auch mit Kramp-Karrenbauers Rückzug nicht beruhigt. Nun muss ein Nachfolger, eine Nachfolgerin gefunden werden. Bislang kursieren drei Namen: Friedrich Merz, Armin Laschet, Jens Spahn. Nach allem, was bekannt ist, ist keinem der dreien breite Rückendeckung über Parteiflügel hinweg sicher. Merz, der Kantigste und Lauteste in der Runde, übt sich zwar in Diskretion. Nun sei "kluges Nachdenken wichtiger, als schnell zu reden", sagte Merz am Montagmittag. Ob diese edle Zurückhaltung lange anhält, ist fraglich. Wahrscheinlicher ist, dass der bislang schwelende Machtkampf nun offen losbricht. Er könnte schmutzig werden. Dabei wäre nun das Gegenteil vonnöten: Geschlossenheit und eine schnelle Lösung. Die offene Führungsfrage bringt nur weitere Unruhe, nicht zuletzt auch in die große Koalition. Die Vorsitzsuche der SPD, die sich im vergangenen Jahr über mehr als ein halbes Jahr erstreckte, sollte der CDU ein warnendes Beispiel sein. Ausufernde Personaldebatten wären jetzt genau das falsche Signal.
Eine andere Debatte dagegen sollte die CDU sehr wohl vertiefen - und zwar über ihr Verhältnis zur AfD. Die Vorgänge in Thüringen haben Zweifel daran aufgebracht, dass sich die Christdemokraten geschlossen und mit vereinter Kraft gegen die Rechts-außen-Partei stellen. Es gab einige CDU-Stimmen, auch über Thüringen hinaus, die die Wahl des FDP-Politikers Thomas Kemmerich mithilfe der AfD begrüßten. Kramp-Karrenbauer selbst soll am Montag im Parteipräsidium gesagt haben, dass es "ein ungeklärtes Verhältnis von Teilen der CDU mit AfD und Linken" gebe. Diese offene Flanke ist gefährlich für den demokratischen Zusammenhalt. Die AfD streut Gift - das hat Thüringen eindrücklich vor Augen geführt. Weil die CDU gegen dieses Gift nicht immun ist, zieht die Vorsitzende nun zurecht Konsequenzen. Doch mit dem Austausch einer Parteichefin ist das Problem nicht ausgeräumt. Um es zu bewältigen, müssen alle demokratischen Parteien zusammenhalten. Jetzt mehr denn je.