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Die Bahn fährt am Abgrund

Wer den Schaden hat, spottet jeder Beschreibung, könnte man in Abänderung eines alten Sprichwortes über die derzeitige Lage der Deutschen Bahn sagen. Das Bild des Staatskonzerns in der Öffentlichkeit und im persönlichen Erleben von Millionen Bahnkunden ist vor allem negativ geprägt. Es gibt immer wieder Ärger über Zugausfälle, schlechten Service, fehlendes Personal und zig Verspätungen. Nicht einmal die selbst gesteckten Pünktlichkeitsziele hält die DB ein.

Geschrieben von Reinhard Zweigler am . Veröffentlicht in Meinung.
Foto: Daniel Abadia / CC0 (via Unsplash)

Wer den Schaden hat, spottet jeder Beschreibung, könnte man in Abänderung eines alten Sprichwortes über die derzeitige Lage der Deutschen Bahn sagen. Das Bild des Staatskonzerns in der Öffentlichkeit und im persönlichen Erleben von Millionen Bahnkunden ist vor allem negativ geprägt. Es gibt immer wieder Ärger über Zugausfälle, schlechten Service, fehlendes Personal und zig Verspätungen. Nicht einmal die selbst gesteckten Pünktlichkeitsziele hält die DB ein.

Und mit einem Taschenspielertrick wird die entsprechende Statistik sogar noch geschönt, denn ausgefallene Züge zählen nicht als unpünktlich. Die krude Logik der Bahn: Züge, die gar nicht losgefahren sind, können auch nicht verspätet ankommen. Darauf muss man erst mal kommen. Doch die Probleme, die auch heute wieder auf dem Tisch der Vorstandssitzung der DB AG liegen, gehen weit über die täglichen Ärgernisse der Bahnkunden hinaus. Die Bahn wird auch mittelfristig noch mit den falschen politischen Weichenstellungen aus den 90er Jahren zu tun haben. Seinerzeit standen die Zeichen auf Privatisierung - auf Teufel komme raus. Schlimme Beispiele wie von der brutal privatisierten britischen Bahn wurden ignoriert. Und aus dem behäbigen deutschen Staatskonzern mit Hunderttausenden uniformierten Beamten sollte rasch ein börsennotiertes Unternehmen gemacht werden.

Die Politik, genauer die jeweiligen Verkehrsminister - gleich welcher Partei - wollten das so und ließen den Bahnchefs ziemlich freie Hand. Unsäglich etwa der Crashkurs, den Ex-Bahnchef Hartmut Mehdorn dem Schienenunternehmen aufzwang, um es für Kapitalanleger aufzuhübschen. Erst sehr spät, viel zu spät wurde im Taumel der Finanzkrise 2008/09 von der Bundesregierung die Reißleine gezogen und der unsinnige Privatisierungskurs abgeblasen. An den Nachwirkungen einer jahrelang verfehlten Bahnpolitik leidet der Schienengigant jedoch bis heute. Er ist ein Problemriese. Und ein grundlegender Kurswechsel in der Bahnpolitik geht leider nicht so rasch vonstatten wie der Fahrplanwechsel jedes Jahr im Dezember.

Freilich haben sich die Voraussetzungen für eine grundlegende Besserung der Situation auf den Schienen in den vergangenen Jahren gewaltig verbessert. Es liegt nicht mehr an fehlenden Mitteln aus dem Verkehrsetat für die gigantische Sanierung, Modernisierung, Digitalisierung der Infrastruktur, von Gleisen, Stellwerken, Brücken, Loks und Wagen. Jetzt begrenzen vielmehr fehlende Planungs- und Baukapazitäten oder Probleme bei Herstellern das Vorankommen zu einer pünktlicheren, effizienteren Bahn. Mit der neuen Leistungs- und Finanzierungsvereinbarung über einen Zeitraum von zehn Jahren, statt bislang fünf, wurde zumindest der Rahmen für verlässliches Planen und Realisieren geschaffen.

Freilich ist es allein damit nicht getan. Die umweltfreundliche Bahn hat in den kommenden Jahren sehr viel zu tun, um verlorenes Vertrauen wieder zurückzugewinnen und eigene Versprechen auch wirklich zu erfüllen. Die angekündigte zügige - und anwohnerfreundliche - Elektrifizierung der Strecke Hof-Regensburg gehört dazu. Die Reaktivierung vorschnell stillgelegter Strecken zählt ebenfalls zu den dringenden Aufgaben. Und die Bahnvorstände, die vor einigen Wochen noch mit Meldungen über horrende Erhöhungen ihrer Bezüge und die Vergabe satter Beraterverträge an ehemalige Vorstände Negativ-Schlagzeilen machten, sollten ebenso nach ihrer Leistung bezahlt werden wie Lokführer und andere Bahnmitarbeiter auch.



Quelle: ots/Mittelbayerische Zeitung