Bologna-Prozess: Spezialisierung ist nicht alles
Durch den Bologna-Prozess hat sich die Hochschullandschaft grundlegend verändert. In fast allen Bereichen sind die traditionellen Abschlüsse Magister, Diplom und mitunter auch das Staatsexamen dem zweiteiligen Bachelor-Master-Konstrukt gewichen. Die Folgen zeigen sich immer deutlicher, und sie sind vielfach beklagenswert.
Durch den Bologna-Prozess hat sich die Hochschullandschaft grundlegend verändert. In fast allen Bereichen sind die traditionellen Abschlüsse Magister, Diplom und mitunter auch das Staatsexamen dem zweiteiligen Bachelor-Master-Konstrukt gewichen. Die Folgen zeigen sich immer deutlicher, und sie sind vielfach beklagenswert.
Eine Hochschule ist ein Ort, an dem junge Menschen nicht nur Fachwissen anhäufen sollen. Sie ist ein Ort, an dem sie lernen, selbstständig zu arbeiten und kritisch zu denken. Eigentlich. In einem Turbo-Bachelor-Studium bleibt dafür allerdings kaum mehr Zeit. Der straffe, vorgegebene Takt ist nur eine Fortführung des Schulalltags.
Die Hochschulen entwickeln sich fortschreitend zu Einrichtungen beruflicher Bildung. Wie der Wissenschaftsrat jüngst kritisierte, sprießen immer noch mehr, immer noch spezialisiertere Bachelor-Studiengänge aus dem akademischen Nährboden. Doch die erhoffte Vorbereitung auf den Arbeitsmarkt wird dadurch nicht verbessert - im Gegenteil. Obwohl seit mehr als zehn Jahren Bachelor-Absolventen auf den Arbeitsmarkt strömen, weiß die Wirtschaft oft nicht allzu viel mit ihnen anzufangen. Einer Studie des Deutschen Industrie- und Handelskammertages zufolge erklärte mehr als die Hälfte der befragten Unternehmen, dass Berufseinsteiger mit einem Bachelor-Abschluss ihre Erwartungen nicht erfüllen. Offenbar hilft auch die fortschreitende Spezialisierung im Beruf nichts, wenn dabei eine breite universitäre Bildung auf der Strecke bleibt.
Baden-Württemberg war Vorreiter des dualen Studiums. Wer sich viel Praxis im Studium wünscht, ist an den Dualen Hochschulen bestens aufgehoben. Die anderen Hochschulen und Universitäten müssen ihren Auftrag wieder mehr in den Blick rücken: Sie müssen jungen Menschen eine Studienzeit bieten, die neben Fachwissen auch allgemeine Kompetenzen und ein breites Wissen lehrt. Hier sind auch die Wissenschaftsministerien der Länder in der Pflicht. Denn sie sind es, die die Qualität der Studiengänge überprüfen und neue genehmigen.