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SPD nach der Causa Maaßen: Die ewige Juniorpartnerin

Die Große Koalition koste die SPD viel Glaubwürdigkeit, hat Nürnbergs OB Ulrich Maly gesagt. Der Satz könnte ganz aktuell sein - doch er stammt aus einem Interview von September 2017. Maly äußerte damals die Hoffnung, dass der Effekt sich auflöse, "nachdem die Große Koalition nun wieder vorbei ist". Gekommen ist es anders: Die SPD ist wieder Groko-Partner - und ihre Glaubwürdigkeit nimmt erneut massiv Schaden.

Geschrieben von Katharina Kellner am . Veröffentlicht in Politik.
Andrea Nahles
Andrea Nahles
Foto: SPD Schleswig-Holstein / CC BY 2.0 via Flickr

Die Große Koalition koste die SPD viel Glaubwürdigkeit, hat Nürnbergs OB Ulrich Maly gesagt. Der Satz könnte ganz aktuell sein - doch er stammt aus einem Interview von September 2017. Maly äußerte damals die Hoffnung, dass der Effekt sich auflöse, "nachdem die Große Koalition nun wieder vorbei ist". Gekommen ist es anders: Die SPD ist wieder Groko-Partner - und ihre Glaubwürdigkeit nimmt erneut massiv Schaden.

Die Inkonsequenz der SPD-Führung im Bund werden die bayerischen Genossen bei der Wahl am 14. Oktober spüren. Zum zweiten Mal innerhalb weniger Monate steht die Partei zahnlos und zerrissen da. Wieder ist es Horst Seehofer, der die Union in Kämpfe stürzt. Schon beim Asylstreit setzten weder Angela Merkel noch die SPD Seehofer Widerstand entgegen. Die Genossen beließen es bei Appellen an den Koalitionspartner. Einen klar umrissenen Standpunkt in der Asylfrage suchte man bei der SPD vergeblich. Schon damals konnte die Partei nicht von der Schwäche der CDU/CSU profitieren. Das kann sie auch diesmal nicht. Nun hat Andrea Nahles zudem einen großen Fehler gemacht, als sie Maaßens Ablösung erst lautstark forderte, sich dann aber von Seehofer über den Tisch ziehen ließ, als sie zähneknirschend seine Beförderung mittrug. Verschleiernd nennt sie die Affäre Maaßen eine "Personalangelegenheit". Doch hier geht es ums Grundsätzliche: Es geht um Vertrauen - in die Politik und zwischen den Koalitionspartnern.

Für viele SPD-Mitglieder ist eine vertrauensvolle Zusammenarbeit mit dem irrlichternden Innenminister längst nicht mehr möglich. Seehofer wollte den Koalitionspartnern eine Entscheidung aufnötigen, die den Populisten in die Hände spielt. Jenen, die das politische System als unglaubwürdig darstellen, wie Maaßen es mit seinem "Bild"-Interview tat. Darin befeuerte er Verschwörungstheorien. Zudem soll er geheime Informationen an AfD-Politiker weitergegeben haben. Maaßen, als Verfassungsschutzpräsident zur politischen Neutralität verpflichtet, hat sich geäußert wie ein Populist. Er imitierte die Methoden der AfD und adelte sie dadurch. Die Botschaft, die bleibt: Maaßen, der der Regierung absichtlich schadete und der als untragbar erachtet wurde, steigt beruflich auf und verdient sogar noch besser. Die SPD, die sich gerne eine klare Kante gegen Rechts auf die Fahnen schreibt, hat in dieser Situation der politische Instinkt verlassen, dass Seehofers Entscheidung nicht tragbar sein kann.

Offenbar kleben viele SPD-ler in Berlin so stark an ihren Posten, dass sie eine Aufkündigung der Koalition nicht ernsthaft in Betracht ziehen. Die Partei findet sich nun im heftigen Richtungsstreit. Auch wenn Nahles den Fall Maaßen neu verhandeln will, hat sie ihrer Partei mit ihrem Lavieren einen Bärendienst erwiesen. Natascha Kohnens Distanzierungsversuch von der Bundes-Partei ist nachvollziehbar, wird ihr bei der Landtagswahl aber nicht helfen. Wähler goutieren es nicht, wenn SPD gegen SPD streitet. Zwar sind Nahles und die Bundes-SPD nicht alleine schuld an der Situation der bayerischen Genossen. Kohnen und ihre Mitstreiter haben sich trotz der Schwäche der CSU bislang nicht überzeugend profilieren können: Weder beim eher gut ausgebildeten, großstädtisch geprägten Wähler, die die Grünen ansprechender finden. Aber eben auch nicht bei Menschen, die man für ihre Kernklientel halten könnte und denen Probleme wie die Wohnungsnot auf den Nägeln brennen.

Auf Bundesebene muss es dringend zu einer personellen Erneuerung kommen. Ulrich Maly hoffte schon vor einem Jahr darauf, die SPD möge sich frei machen vom Dasein als Juniorpartnerin der Union. Dann könne sie sich auf ihre Kernkompetenz der sozialen Gerechtigkeit besinnen, sagte er. Das wäre auch aktuell der richtige Ratschlag.



Quelle: ots/Mittelbayerische Zeitung